Vorwahlen in den USA:Obamas Gegner in der Selbstzerstörungs-Show

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Die Rumpelstilzchen-Strategie wird nicht aufgehen, spätestens nach dem Super Tuesday ist klar: Obamas Gegner sind sich selbst die größten Feinde. Sie werden keinen starken Bewerber auf den Schild heben, sondern einen zerrupften Torso servieren. Der Präsident hat es leicht gegen seine zornigen Konkurrenten, die sich in ihrem Missmut überbieten.

Stefan Kornelius

In der jüngeren amerikanischen Geschichte wurden zwei Präsidenten aus dem Amt gewählt: Jimmy Carter und der ältere George Bush. Ihre Gegner waren formidable Wahlkämpfer, Männer des Volkes mit einer ansteckenden Leidenschaft. Die politischen Umstände dieser Abwahl waren weniger relevant.

Ein friedlicher Moment mit Seltenheitswert: Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron Paul, Rick Santorum, Mitt Romney und Newt Gingrich (von links) stehen in Reih und Glied, während bei der TV-Debatte die Nationalhymne läuft. In ihren Kampagnen überziehen sich die Kandidaten mit Negativaussagen. (Foto: AFP)

Sicher, Ronald Reagan gewann auch deshalb, weil Carter eine lausige Amtszeit hingelegt hatte. Aber Bill Clinton fand das Land nicht in tiefster Depression vor - er war einfach der überzeugendere Kandidat, die Wähler waren Bush überdrüssig. Nimmt man diese Grundmuster der Entscheidung, dann hat Barack Obama eine relativ gute Chance auf die Wiederwahl.

Auch wenn der Benzinpreis für US-Verhältnisse zurzeit exorbitant hoch ist - der Liter Sprit kostet 76 europäische Cent oder etwa einen Dollar -, so gibt es ein paar Hoffnungsschimmer bei den ökonomischen Grunddaten wie Arbeitslosigkeit oder Konsumentenvertrauen. Entscheidend aber ist, dass die Alternative nicht stimmt.

Die Republikaner werden keinen starken Bewerber aufs Schild heben, sondern einen zerrupften Torso servieren. Die Selbstzerstörungs-Show der Partei (die zweite nach 2008 mit dem ungeliebten John McCain) kann nur noch mit Hilfe des bei den Kandidaten arg beanspruchten Herrgotts abgewendet werden. Das ist einerseits ein tröstlicher Befund, andererseits geben die Radikalisierung und der Zorn in diesem Auswahlprozess Anlass zur Sorge.

Die Vorwahl ist in diesem Jahr mehr denn je geprägt von schmierigen Bezichtigungen und Unterstellungen. Es wird behauptet, gelogen, skandalisiert. Dieser Überbietungswettbewerb im Negativen zieht die falsche politische Kundschaft an. Die ist selbst radikal und zornig, und treibt die Kontrahenten in eine Spirale des Extremismus.

Die Werbung des Kandidaten Mitt Romney in Florida bestand zu 90 Prozent aus negativen Aussagen über seine Gegner. Umfragen zeigen, dass die Wüterei die Wähler langsam, aber stetig ins Obama-Lager treibt. So schlimm, wie der Präsident dargestellt wird, ist er nun wahrlich nicht.

Die Rumpelstilzchen-Strategie nutzt also Obama, ehe er überhaupt mit seiner Kampagne beginnen musste. Und sie lehrt: Negativwerbung zahlt sich nicht aus. Die Menschen wollen eine Botschaft, mit der sie sich identifizieren können, die sie aufbaut, die ihnen Hoffnung macht. Sie mögen keine vor Zorn geschwollenen Halsschlagadern.

Bill Clinton war ein Mann der positiven Botschaft, und selbst George W. Bush bleibt als Frohnatur in Erinnerung, gemessen an dem bärbeißigen Al Gore. Romney wird einen schwierigen Charakterwechsel durchmachen müssen, wenn er den Labsal-Prediger Obama überbieten will. Seine Partei hat zu viel Destruktion betrieben, als dass sie rechtzeitig aus der Ecke der Miesepeter herauskäme.

GOP ist das Kürzel der Republikaner in den USA, Grand Old Party. Heute ist sie nicht mehr grand, sondern nur noch grumpy, kauzig und missmutig.

© SZ vom 08.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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