Urteil in Straßburg:Mord an Anna Politkowskaja nur unzureichend aufgeklärt

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Gedenken an die Ermordung Anna Politkowskajas (Foto von 2009). (Foto: AP)
  • Russland hat den Auftragsmord an der Journalistin Anna Politkowskaja nach Ansicht des Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg nur unzureichend untersucht.
  • Hinweisen auf die Drahtzieher sei nicht nachgegangen worden. Auch der Zusammenhang zu ihrer Arbeit sei nicht untersucht worden.
  • Die Hinterbliebenen sollen daher eine Entschädigung erhalten.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat Russland im Zusammenhang mit der Ermordung der Journalistin Anna Politkowskaja verurteilt. Das Gericht wirft dem Land vor, den Auftragsmord nur unzureichend aufgeklärt zu haben.

Zwar hätte ein russisches Gericht eine Gruppe von Männern verurteilt, die im Jahr 2006 direkt an der Ermordung beteiligt gewesen seien, sie hätten aber nicht angemessen ermittelt, wer die Drahtzieher des Verbrechens waren, argumentieren die Straßburger Richter. Ein Staat habe die Pflicht, bei einem Mord allen Hinweisen nachzugehen. Das sei hier nicht geschehen. Die Behörden hätten auch versäumt, Zusammenhänge zwischen der journalistischen Arbeit Politkowskajas und ihrer Ermordung zu untersuchen.

Den Beschwerdeführern - der Mutter, der Schwester und den zwei Kindern der Enthüllungsjournalistin - sprach das Gericht eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 20 000 Euro zu. (AZ: 15086/07)

Politkowskaja galt als unerschrockene und engagierte Journalistin. In der kremlkritischen Zeitung Nowaja Gaseta hatte sie regelmäßig über schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien berichtet und den russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert. Am 7. Oktober 2006, Putins Geburtstag, wurde sie im Treppenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen.

Im Mai 2014 hatte ein Moskauer Gericht fünf Männer wegen des Mordes zu langen Haftstrafen verurteilt, zwei davon lebenslänglich. In einem separaten Verfahren wurde zudem ein hoher Beamter des Moskauer Innenministeriums zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Die eigentlichen Auftraggeber des Mordes blieben jedoch im Dunkeln. Die Angehörigen verwiesen auf Spuren zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Diese wurden von den Behörden aber nicht verfolgt.

Schmerzensgeld auch für "Pussy Riot"

Außerdem verurteilte das Straßburger Gericht den russischen Staat wegen der Verletzung der Menschenrechte der "Pussy-Riot"-Aktivistinnen. Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch hatten 2012 mit einem "Punkgebet" in einer Moskauer Kirche gegen Putin protestiert. Beim Prozess gegen sie habe der russische Staat das Verbot der Misshandlung sowie das Recht auf Freiheit, das Recht auf ein faires Verfahren und die Meinungsfreiheit missachtet, urteilte der EGMR. Tolokonnikowa und Aljochina sollen dem Urteil zufolge je 16 000 Euro und Samuzewitsch 5000 Euro Entschädigung erhalten. (AZ: 38004/12)

© SZ.de/AFP/dpa/epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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