Ursula von der Leyen:Riskantes Spiel

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Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Arbeitsministerin von der Leyen ist für die Quote, das ist bekannt. Weniger sicher ist, wie sie sich bei der Abstimmung um die Frauenquote verhalten wird. Stimmt sie mit Nein, ist ihre Glaubwürdigkeit dahin. Mit einem Ja stürzt sie die Koalition mitten im Wahlkampf in eine Krise - und bringt ihre eigene politische Karriere in Gefahr.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eine der beliebtesten Klagen über den Hauptstadtbetrieb lautet, Politiker besäßen keinen Mut. Die Abgeordneten seien grau und glatt geschliffen wie Isar-Kiesel nach Jahrhunderten im Strom. Die Klage mag auf manchen Emporkömmling aus der JU zutreffen. Dass sie in ihrer Absolutheit falsch ist, beweist in diesen Tagen Ursula von der Leyen. Die Arbeitsministerin hat sich ja schon auf manch riskantes Spiel eingelassen. Aber der Poker um die Frauenquote, den sie jetzt eröffnet hat, sucht seinesgleichen. Die Einsätze sind gewaltig. Es geht um nicht weniger als die politische Zukunft der Ministerin - und den friedlichen Fortbestand der Koalition.

Seit drei Wochen wird in Berlin gemunkelt, von der Leyen wolle im Bundestag für die Frauenquote stimmen. Öffentlich bestätigt hat sie das noch nicht, es besteht aber kein Zweifel, dass die Ministerin selbst Quelle der Spekulationen ist. Nun haben in dieser Legislatur schon einige Koalitionsabgeordnete nicht mit der Regierung gestimmt, etwa beim ESM. Aber von der Leyen ist nicht irgendein Hinterbänkler. Die Frau ist Merkels Stellvertreterin im CDU-Vorsitz und Ministerin.

Vor allem aber ist sie der Schlüssel zur Mehrheit für die Quote in Deutschland. Stimmt von der Leyen mit Nein, werden sich nicht genügend Unionsfrauen aus der Deckung wagen, um dem Quoten-Gesetz der Opposition zur Mehrheit zu verhelfen. Bleibt sie beim Ja, wird es der Fraktionsspitze wohl nicht mehr gelingen, ihre Frauen im Zaum zu halten. Die Koalition hätte zum ersten Mal keine Mehrheit mehr, die Quote würde Gesetz - und Familienministerin Schröder müsste eigentlich noch am selben Tag zurücktreten. Schließlich hat Schröder apodiktisch erklärt: "So lange ich Ministerin bin, wird es keine starre Quote geben."

Die Frauen würden jubeln - aber die Koalition geriete mitten im Wahlkampf in eine Krise. Die Liberalen lehnen die Quote entschieden ab. Sollten ihr Unionsabgeordnete trotzdem zur Mehrheit verhelfen, wäre das ein beispielloser Affront gegen die FDP mit unkalkulierbaren Folgen.

Das ist die Lage, in die von der Leyen Schwarz-Gelb bringt. Sie ist sich der Risiken bewusst. Aber für die Ministerin geht es auch um ihre Glaubwürdigkeit. Sie fordert seit langem eine feste Quote. Wenn sie jetzt dagegen stimmt, braucht sie sich bei den Frauen nicht mehr blicken lassen. Auch ihr Nimbus als Gewinnerin wäre dahin. Schließlich hat sie schon im Streit um die Lebensleistungsrente und um das Betreuungsgeld klein beigeben müssen. Auf der anderen Seite will von der Leyen mit Hilfe ihrer Partei noch etwas werden. Sie schielt bereits auf die Zeit nach Merkel. Zu weit treiben darf sie es also auch nicht, die Loyalität der CDU zu ihr schwindet eh schon. Auf dem letzten Parteitag bekam sie wegen ihrer Einzelgänge ein schlechtes Wahlergebnis.

Und so wartet Berlin gespannt darauf, wie der Poker ausgeht: Steigt von der Leyen doch noch aus, riskiert sie alles - oder findet sich in letzter Minute ein überraschender Ausweg?

© SZ vom 15.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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