Unabhängigkeitsreferendum:Schottland will es wissen

***BESTPIX*** Theresa May Visits Scotland Ahead Of Triggering Article 50 Later This Week

Nicola Sturgeon und Theresa May (v. l.) am Montag in Glasgow.

(Foto: R. Cheyne/Getty)

Das Regionalparlament in Edinburgh fordert ein Unabhängigkeits-Votum: Das Land könne nicht gegen seinen Willen aus der EU geführt werden. Doch die britische Premierministerin pocht gerade wegen des Brexit auf Zusammenhalt.

Von Christian Zaschke, London

Das schottische Regionalparlament hat am Dienstag beschlossen, dass es von der Zentralregierung in London die Erlaubnis einfordert, ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit abzuhalten. Die regierende Scottish National Party (SNP) und die Grünen stimmten dafür, alle anderen Parteien dagegen. Allerdings hat Premierministerin Theresa May schon mehrmals mitgeteilt, dass nun nicht die Zeit für ein neuerliches Referendum sei. Ohne ihre Zustimmung kann es keine rechtlich bindende Abstimmung darüber geben, ob Schottland das Vereinigte Königreich verlassen will. Beim ersten Referendum im Jahr 2014 hatten sich 55 Prozent der Wähler gegen die Unabhängigkeit ausgesprochen.

Ursprünglich hatte das schottische Parlament diesen Beschluss bereits in der vergangenen Woche fassen wollen. Wegen des Anschlags in London war die Debatte jedoch vertagt worden. An diesem Dienstag lieferten sich Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon und die konservative Oppositionsführerin Ruth Davidson ein in Teilen scharf geführtes Rededuell. Sturgeon hatte zu Beginn der Debatte zu Fairness und Mäßigung aufgerufen, was Davidson nicht davon abhielt, sie hart zu attackieren. Als Sturgeon intervenieren wollte, beschied Davidson barsch: "Setzen Sie sich!" Solche Töne sind selten zu hören im schottischen Parlament, wo es meist gediegen zugeht.

Premierministerin May ruft zur Einigkeit auf

Nach der Abstimmung von 2014 hatte es zunächst geheißen, das Thema sei zumindest für diese Generation erledigt. Sturgeon und die SNP argumentieren jedoch, dass sich durch das Votum Großbritanniens für den Brexit alles geändert habe, weil eine Mehrheit der Wähler in Schottland gegen den Austritt aus der EU gestimmt hatte. Schottland könne nicht gegen seinen Willen aus der EU geführt werden, sagt die Ministerpräsidentin.

Nach ihren Vorstellungen soll das neuerliche Referendum zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 abgehalten werden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Brexit-Verhandlungen mit Brüssel abgeschlossen, und die Schotten könnten eine Entscheidung darüber treffen, ob sie unter diesen Bedingungen Teil des Vereinigten Königreichs bleiben wollten. Oppositionsführerin Davidson sagte hingegen, die Schotten hätten "die Nase gestrichen voll" von dem Thema. Eine Mehrheit der Bürger wolle nicht erneut abstimmen.

Premierministerin May hatte Sturgeon am Montag in Glasgow getroffen, unter anderem auch, um über das Referendum zu reden. May hatte dabei zur Einigkeit aufgerufen. Gerade während der Verhandlungen über den Brexit, von dem sie Brüssel an diesem Mittwoch auch offiziell unterrichtet, müsse das Land zusammenstehen. "Wir müssen zusammenhalten, um den bestmöglichen Deal für das gesamte Königreich zu erreichen, also auch für Schottland", sagte sie. Außerdem sei es den Schotten gegenüber unfair, ein Referendum anzuberaumen, wenn sie noch gar nicht wüssten, was die Brexit-Verhandlungen ergäben.

Nicola Sturgeon sagte am Dienstag, sie hoffe, dass May den Willen des schottischen Parlaments respektiere. Sollte das nicht der Fall sein, werde sie im kommenden Monat darlegen, wie ihre Regionalregierung in der Sache weiter vorgehen wolle.

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