Ukraine-Krise:Letzte Chance für die Diplomatie

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Die Reise des OSZE-Vorsitzenden und Schweizer Bundespräsidenten Burkhalter nach Moskau ist von hoher Bedeutung, weil nur Burkhalter Putin politische Zugeständnisse abverlangen kann (Foto: AFP)

Sollte die ukrainische Regierung gestärkt aus der Wahl am 25. Mai hervorgehen, ist das mehr wert als jeder diplomatische Vermittlungsversuch. Bis dahin aber bleibt das Modell Friedensgespräch entscheidend. Der OSZE kommt die Schlüsselrolle zu: Nur ihr Chef Burkhalter kann Putin politische Zugeständnisse abverlangen, die Russland öffentlich binden.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

Kaum ein Staat ist in den vergangenen Jahren derart in den Genuss diplomatischer Aufmerksamkeit gekommen wie die Ukraine. Die jahrelangen Verhandlungen zu einem EU-Assoziierungsabkommen etwa waren der Versuch, dem Bedürfnis einer Mehrheit nach Öffnung gen Westen gerecht zu werden, ohne die Bindung nach Russland zu ignorieren. Dieser Versuch ist gescheitert, wofür es eine Menge Gründe gibt.

So leichtfertig der Umgang der EU mit dem strategischen Großereignis war, so fahrlässig spielte Präsident Janukowitsch mit den Erwartungen - und so kompromisslos und erpresserisch war die Haltung Russlands.

Trotz dieser frustrierenden Erfahrung kann die Ukraine nur durch noch mehr Diplomatie ihren Frieden finden. Die Krise hat sich tief ins Land gefressen, die Regierung kann sie nicht aus eigener Kraft lösen. Sie ist auf Russlands Verhalten angewiesen, und dabei entwickelt sich der 25. Mai zum Schlüsseldatum. An diesem Tag wählt das Land - wenn die Bürger bei der Präsidentschaftswahl in beeindruckender Zahl zur Urne gehen und damit indirekt der durchaus respektablen Regierung Jazenjuk ein Mandat verschaffen, dann ist das mehr wert als jedes Friedensgespräch.

Das Modell Friedensgespräch aber ist entscheidend für die Zeit bis zum 25. Mai. Die Reise des OSZE-Vorsitzenden und Schweizer Bundespräsidenten Burkhalter nach Moskau ist von hoher Bedeutung, weil nur Burkhalter Wladimir Putin politische Zugeständnisse abverlangen kann, die Russland öffentlich binden. Die Gewährleistung der Wahlen ist dabei genauso wichtig wie der Zugang unabhängiger Wahlbeobachter und Inspektoren.

Die OSZE ist zur entscheidenden Institution geworden

Die OSZE - wer hätte es gedacht - ist im Umgang zwischen dem Westen und Russlands zur entscheidenden Institution gewachsen. Sie ist vom Westen wie von Russland anerkannt und getragen, sie ist Hoffnung vieler für die Kriegsvermeidung. Umso absurder sind die Versuche des CSU-Politikers Peter Gauweiler und anderer, auch diese politische und diplomatische Bühne zu diskreditieren. Die OSZE-mandatierten Militärinspektionen sind ein von Ost und West anerkanntes Mittel, um Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Nicht Deutschland hat dieses vertrauensbildende Instrument missbraucht, sondern die Entführer in der Ostukraine, die ihre Opfer erst den Separatisten übergeben und bewusst einen Sub-Konflikt geschaffen haben.

Ideen gibt es viele, den Konflikt in der Ukraine zu beruhigen: Runde Tische können mehr Transparenz und Kommunikation auch im Osten der Ukraine ermöglichen. Einer von der OSZE geforderten Waffenruhe wird sich auch Russland nicht verweigern wollen. Und eine Neuauflage der Genfer Gespräche würde ebenfalls politische Substanz in den Konflikt pumpen. All dies mag Separatisten und auch den russischen Steuermann in der Ostukraine, Igor Strelkow, nicht beeindrucken. Aber so funktioniert Diplomatie nun mal: Sie ist die schwächere Waffe in einem kriegerischen Konflikt. Am Ende aber kann nur sie Frieden bringen.

© SZ vom 07.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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