Türkei:Merkel nennt Untersuchungshaft für Yücel "enttäuschend"

Solidaritätsaktion für in Türkei inhaftierten Journalisten

Solidaritätsaktion für den in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel

(Foto: dpa)
  • Nach 13 Tagen in Polizeigewahrsam muss der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in Untersuchungshaft.
  • Das hat ein türkischer Haftrichter in Istanbul am Montagabend entschieden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Istanbul Untersuchungshaft für den Welt-Korrespondenten beantragt.
  • Bundeskanzlerin Merkel nennt die Entscheidung des Haftrichters gegen Yücel "bitter und enttäuschend".

Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel muss nach 13 Tagen in Polizeigewahrsam in Untersuchungshaft. Das hat ein türkischer Haftrichter in Istanbul am Montagabend entschieden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Istanbul Untersuchungshaft für den Welt-Korrespondenten beantragt.

Haftrichter Mustafa Çakar hat in der Vergangenheit schon bei mehreren Journalisten der regierungskritischen Tageszeitung Cumhuriyet U-Haft angeordnet. In der Türkei kann Untersuchungshaft bis zu fünf Jahre dauern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die verhängte Untersuchungshaft gegen Yücel als "bitter und enttäuschend". Sie sagte: "Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat." Merkel erklärte weiter: "Wir werden uns weiter nachdrücklich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen, dass er bald seine Freiheit zurückerlangt."

Gabriel attackiert Türkei

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel kritisierte das Vorgehen der türkischen Behörden scharf. "Die Nachrichten aus Istanbul enttäuschen mich sehr. Das ist eine viel zu harte und deshalb auch unangemessene Entscheidung", teilte er mit. Gabriel sprach von "schwierigen Zeiten für die deutsch-türkischen Beziehungen". Außerdem sagte er: "Wir haben allen Grund, das mit der Türkei in großer Deutlichkeit zur Sprache zu bringen."

Angaben der Welt zufolge werden Yücel "Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung" vorgeworfen. Hintergrund der Anschuldigung ist offenbar Yücels Berichterstattung über E-Mails des türkischen Energieministers Berat Albayrak, einem Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. Die Mails, in denen es unter anderem um manipulierte Twitter-Accounts und die staatliche Kontrolle über die Medien ging, waren von dem linksgerichteten türkischen Hackerkollektiv "Redhack" veröffentlicht worden.

Bis zu 14 Tage Haft für Verdächtige

In den vergangenen zwei Wochen war Yücel im Istanbuler Polizeipräsidium in Gewahrsam. Unter dem Ausnahmezustand in der Türkei können Verdächtige bis zu 14 Tage festgehalten werden. Demnach musste der 43-jährige Yücel spätestens bis Dienstag einem Haftrichter vorgeführt oder freigelassen werden.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, hatte am Montag den Wunsch der Bundesregierung bekräftigt, Yücel freizulassen. Der deutsche Generalkonsul in Istanbul und die Botschaft in Ankara seien täglich damit befasst, das Beste für Yücel zu erreichen, erklärte er.

In einem offenen Brief appellierten 160 Bundestagsabgeordnete an den türkischen Botschafter in Deutschland, sich für die Freilassung des Reporters einzusetzen. Yücel hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei gestellt, um Fragen zu seinen Berichten über die Hacker-Attacke zu beantworten.

Yücel besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Er ist der erste deutsche Korrespondent, der seit Regierungsübernahme der islamisch-konservativen AKP des heutigen Staatspräsidenten Erdoğan im Jahr 2002 in Untersuchungshaft kommt.

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