Transatlantische Beziehungen:EU stützt Merkel gegen Trump

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Trump und Merkel beim G-7-Gipfel in Taormina auf Sizilien. (Foto: dpa)
  • Merkel hatte gesagt, die Zeiten, in denen man sich völlig auf andere habe verlassen können, seien ein Stück vorbei.
  • Die EU-Kommission stellte allerdings klar, dass sie immer noch auf ein gutes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten hofft.
  • Die Bundes-SPD wirft Merkel eine Inszenierung vor. Generalsekretärin Katarina Barley sagte: "Es ist keine Kunst, im Bierzelt über Trump zu schimpfen."

Von Daniel Brössler, Brüssel, und Robert Roßmann, Berlin, Brüssel/Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel erhält für ihre Abgrenzung von US-Präsident Donald Trump Unterstützung in Europa. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie die Fraktionschefs der Sozialdemokraten und der Liberalen im Europäischen Parlament begrüßten am Montag Merkels Erklärung weitgehend. "Es geht genau darum sicherzustellen, dass Europa sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt", sagte Junckers Sprecher. Darauf zielten auch Vorschläge ab, an denen die Kommission in Bereichen wie Handel, Verteidigung und Sicherheit arbeite.

Merkel hatte am Sonntag in München-Trudering gesagt, die Zeiten, in denen man sich völlig auf andere habe verlassen können, seien ein Stück vorbei, "wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen". Dies wurde als partielle Abkehr von den USA aufgefasst und erregte weltweit Aufsehen.

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Angela Merkel setzt kein Vertrauen mehr in die transatlantischen Beziehungen. Nach der Blockadehaltung von US-Präsident Trump beim G-7-Gipfel betonte die Kanzlerin, dass die EU-Staaten mehr als bisher für ihre eigene Zukunft kämpfen müssten.

Die EU-Kommission stellte allerdings klar, dass sie immer noch auf ein gutes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten hofft. "Wir wollen weiterhin gute transatlantischen Beziehungen", sagte Junckers Sprecher. Diese seien entscheidend für Sicherheit und Wohlstand in der Welt. Ein Gespräch der EU-Spitzen mit Trump vergangene Woche in Brüssel war nach Teilnehmerangaben enttäuschend verlaufen.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Merkel hat recht, aber wie immer erfindet sie das Rad mit einer Verspätung von mehreren Monaten neu. Wir Europäer müssen endlich erkennen, dass unsere Zukunft in unseren Händen liegt." Die USA seien immer noch ein "wesentlicher Partner, aber nicht mehr der erste Verbündete in jeder Frage".

Barley: "Es ist keine Kunst, im Bierzelt über Trump zu schimpfen"

Merkel habe "keine Neuigkeit" verkündet, sagte der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt. "Neu und gut" sei aber, dass sie diesen Umstand "nun offen anerkennt". Nach dem Brexit und der Wahl von Trump sei "es höchste Zeit, dass Europa sich neu erfindet und enger zusammenrückt".

Die Bundes-SPD warf Merkel dagegen eine Inszenierung vor. Generalsekretärin Katarina Barley sagte: "Es ist keine Kunst, im Bierzelt über Trump zu schimpfen." Haltung zeige sich beim direkten Aufeinandertreffen, bei großen Gipfeln oder der Nato. "Und genau da knickt Merkel vor Trump ein."

Die SPD hatte in den vergangenen Wochen versucht, mit deutlicher Kritik an Trump im Bundestagswahlkampf zu punkten; der US-Präsident ist in Deutschland extrem unbeliebt. Mit Sorge sehen die Sozialdemokraten jetzt, dass Merkel mir ihrer Erklärung bei Trump-Gegnern reüssieren könnte.

So übte Sigmar Gabriel (SPD) am Montag heftige Kritik an Trump. Er sprach von einem "Ausfall der Vereinigten Staaten" auf der Weltbühne. "Wer dieser US-Politik nicht entgegen tritt, macht sich mit schuldig", sagte er. Die Kanzlerin stellte am Montag klar, dass für sie trotz der Differenzen die Beziehungen zu den USA von "überragender Bedeutung" seien. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, in Sicherheitsfragen rechne er sogar mit einer noch stärkeren Zusammenarbeit.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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