Stuttgart:Die AfD ist ein intriganter Haufen

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Entzweit: Die AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen (links) und Frauke Petry, hier auf dem Bundesparteitag im Mai. (Foto: dpa)

Das Stuttgarter Zerwürfnis wird die gesamte AfD erschüttern. In ihr tobt ein Machtkampf zwischen den Parteichefs Meuthen und Petry, der auch vor Antisemitismus nicht haltmacht.

Kommentar von Josef Kelnberger

In Baden-Württemberg hat die AfD am 13. März ihren spektakulärsten Wahlsieg gefeiert. Als stärkste Oppositionsfraktion steht sie, mit mehr als 15 Prozent der Stimmen, im Parlament einer grün-schwarzen Regierung gegenüber - eine scheinbar traumhafte Konstellation, um sich als wahre konservative Kraft zu profilieren. Der bürgerliche Südwesten als Basis, um zur Volkspartei aufzusteigen? So hatten sich das viele in der Partei gewünscht.

Keine vier Monate nach der Wahl geht von Baden-Württemberg aber das Signal aus: Die Alternative für Deutschland zerlegt sich selbst. Und zwar so schnell, wie es sich die etablierten Parteien in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen konnten.

Die Spaltung der Stuttgarter Fraktion wird die ganze Partei erschüttern. Vordergründig dreht sich der Streit um den Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der in zwei Büchern offenkundig antisemitische Positionen vertreten hat. Fraktionschef Jörg Meuthen konnte sich mit seiner Forderung nach einem Ausschluss nicht durchsetzen und zieht nun mit Gleichgesinnten die Konsequenzen.

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Meuthens AfD begegnete Parlamentspräsidentin Aras mit Feindseligkeit

Das klingt ehrenwert. Allzu viel Respekt darf er für diesen Schritt aber nicht erwarten. Denn wenn es um das Feindbild Islam geht, hat er immer wieder Verständnis für die noch so krudesten Äußerungen gezeigt. Die Behauptung, die AfD bekämpfe nur den Islam in Deutschland, habe aber nichts gegen Muslime, erwies sich im Stuttgarter Landtag schon bei der Wahl von Parlamentspräsidentin Muhterem Aras als Makulatur. Meuthens AfD begegnete ihr mit kaum verhohlener Feindseligkeit.

Die Affäre Gedeon ist, jenseits der Antisemitismus-Frage, auch ein Teil eines Machtkampfs zwischen Meuthen und Frauke Petry, die gleichberechtigt die Bundespartei anführen. Petry hat in Stuttgart Stimmung gemacht gegen Meuthen, andernfalls wäre die Sache möglicherweise schon längst erledigt. Ob Petry sich jetzt, da Meuthen die Fraktion verlassen hat, als Siegerin fühlen darf?

Das Stuttgarter Zerwürfnis zeigt: Die "Alternative für Deutschland" ist keine ernstzunehmende politische Kraft. Vielmehr handelt es sich um einen intriganten Haufen, der den Kampf um Macht und Ämter sogar anhand von Themen wie Antisemitismus führt - von den politischen Amokläufern in ihren Reihen ganz zu schweigen.

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Von Josef Kelnberger, Stuttgart, und Jens Schneider, Berlin

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