SS-Offizier Otto Skorzeny:Hitlers Held soll für Mossad gemordet haben

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Otto Skorzeny galt unter Nationalsozialisten als Kriegsheld - und die Alliierten fürchteten ihn. Der Österreicher war in zahlreiche Verbrechen verwickelt. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Der frühere SS-Offizier und Mussolini-Befreier Otto Skorzeny soll nach Kriegsende für den israelischen Geheimdienst gearbeitet haben. Geld wollte er angeblich nicht - aber er hatte einen Wunsch.

Von Robert Probst, München

Am 11. September 1962 verschwand Heinz Krug in München, seitdem ist er nicht mehr aufgetaucht. Nicht ohne Grund wurde schon bald angenommen, der Jurist und Geschäftsführer sei ermordet worden. Krug soll an einem Raketenprogramm Ägyptens, einem verfeindeten Nachbarn Israels, mitgearbeitet haben.

Dass der israelische Geheimdienst Mossad hinter dem Verschwinden von Krug stecken könnte, war auch damals schon ein offenes Geheimnis. Nicht aber, wer nach neuen Informationen der Zeitung Haaretz der Mörder gewesen sein soll: Otto Skorzeny, einst Offizier der Waffen-SS, Kriegsheld der Nazis und bei den Alliierten gefürchtet als "gefährlichster Mann Europas".

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Der Mann, der für Hitler ein Held war und für dessen Vernichtungskrieg er arbeitete, als Mossad-Killer? Das wäre natürlich eine kleine zeithistorische Sensation. Die Zeitung Haaretz beruft sich bei ihren Erkenntnissen auf Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern des Mossad und andere geheime Quellen.

In dem großen Bericht werden sogar wörtliche Dialoge zwischen einem nicht näher genannten Agenten und Skorzeny abgedruckt. Belege dafür werden nicht genannt.

Schillernde Figur im NS-Staat

Otto Skorzeny war eine der schillerndsten Personen des Dritten Reichs. Bekannt wurde der gebürtige Österreicher vor allem durch seine - nicht allzu große - Beteiligung an der Befreiung des italienischen Diktators Benito Mussolini. Die Italiener hatten ihn nach der Kapitulation 1943 festgesetzt, Hitler ließ den Duce zu sich holen - und Skorzeny wurde mit dem "Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes" ausgezeichnet.

Als guter Selbstdarsteller wusste sich der überzeugte Nationalsozialist auch bei anderen spektakulären Ereignissen im NS-Staat in den Vordergrund zu spielen. Selbst nach dem Krieg lebte Skorzeny gut von seinem Ruf, für seine Verbrechen wurde er nie belangt - in einem Prozess sprach man ihn frei, vor einem zweiten floh er aus der U-Haft ins Ausland.

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Krug, der schon am Raketenprogramm der Nazis in Peenemünde beteiligt gewesen sein soll, könnte selbst Kontakt zu Skorzeny gesucht haben. Krug hatte womöglich Angst vor dem Mossad, weil er gewusst haben könnte, dass dessen Agenten deutschen Wissenschaftlern, die für die Ägypter arbeiteten, nachstellten und sie bedrohten.

So waren etwa Briefbomben an Raketenexperten geschickt worden - die Israelis sprechen heute von einer legitimen Operation. Vielleicht erhoffte Krug sich Schutz mit Hilfe alter Verbindungen.

Hitlergruß am Grab

Doch was versprach sich Skorzeny vom Seitenwechsel? Geld habe er genug, soll er laut Haaretz gesagt haben. Er würde aber gern von der Liste des Simon Wiesenthal gestrichen werden, der "Nazi-Jäger" suchte damit nach prominenten flüchtigen Nazis. Das soll Skorzeny zugesagt worden sein - doch er wurde zu seinen Lebzeiten nie von der Liste entfernt.

Von Otto Skorzeny ist zu all dem nichts überliefert. Er starb 1975 im Alter von 67 Jahren in Madrid. "Er nahm sein Geheimnis mit ins Grab", schreibt Haaretz. Auf dem Döblinger Friedhof zeigten alte Kameraden den Hitlergruß.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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