Erneuerung:SPD muss sich selbst beim Wort nehmen

Lesezeit: 1 min

SPD-Chef Martin Schulz muss die Partei wieder auf Kurs bringen. (Foto: dpa)

Die Sozialdemokraten wollen ihre Partei erneuern. Nun müssen sie auch liefern, sonst droht ihnen bald das Schicksal einiger Schwesterparteien in Europa: Wahlergebnisse von deutlich unter 19 Prozent.

Kommentar von Ferdos Forudastan

Auch wenn die meisten Sozialdemokraten jetzt besonders starr auf die kommenden Wochen gucken werden: Ihr Blick sollte weit, sehr weit über diese Zeit hinausreichen. Natürlich ist es außerordentlich wichtig für die Zukunft der Partei, ob die Koalitionsverhandlungen, die an diesem Freitag begonnen haben, demnächst wieder in ein schwarz-rotes Regierungsbündnis münden oder nicht. Noch wichtiger aber ist, was mit der SPD passiert, nachdem sich entschieden hat, ob es erneut zu einer großen Koalition kommt oder ob sie in die Opposition geht.

Bei der Bundestagswahl auf armselige 20,5 Prozent abgesackt, in den neuesten Umfragen sogar darunter, nämlich bei etwa 19 Prozent gelandet: Schon diese Zahlen müssen die Genossen dazu anhalten, sich selbst beim Wort zu nehmen - beim Wort Erneuerung. Vom Genossen im Greisenalter bis zum jüngsten Juso, vom hochrangigen Amts- und Mandatsträger bis zum einfachen Mitglied, von der Sozialdemokratin am linken bis zum Sozialdemokraten am rechten Rand der SPD fordern diese Erneuerung wohl alle, die ein Parteibuch in der Tasche haben und sie fordern sie zu Recht.

Der Strukturwandel und das Wegbrechen traditioneller Wählermilieus; die Spätfolgen der vom SPD-Kanzler Schröder durchgesetzten Agenda 2010; eine CDU-Kanzlerin Merkel, die Grundsatzdebatten aus dem Weg geht; ein erstarkender Nationalismus hier wie in Europa überhaupt; die Angst vieler Menschen vor zu vielen Flüchtlingen, vor Terror, vor den Folgen der Digitalisierung; eine oft unglücklich agierende SPD-Führung; eine Modernisierung der Parteiarbeit, die nur schleppend in Gang kommt ...

Es gibt so viel, was die Sozialdemokraten lange nicht oder nicht gründlich genug bearbeitet haben. Sollten sie das - ob in der Regierung oder in der Opposition - beibehalten, blüht ihnen das Schicksal einiger Schwesterparteien in Europa: Wahlergebnisse von deutlich unter 19 Prozent.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ARD-"Deutschlandtrend"
:SPD startet mit neuem Umfragetief in Koalitionsverhandlungen

Nur 19 Prozent würden der Partei laut ARD-"Deutschlandtrend" ihre Stimme geben, das ist der niedrigste Wert seit 1997. Die Befragten trauen der SPD zudem kaum zu, das Sondierungsergebnis zu verändern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: