Sondierung:Das Getöse davor

Die Parteien sind gerade dabei, auch eine große Koalition zu zerreden.

Von Robert Roßmann

Eigentlich wollten Union und SPD aus der gescheiterten Jamaika-Sondierung lernen. Statt Dutzender Interviews voller Kritik am politischen Gegner sollte vor den Mikrofonen Ruhe einkehren. Die Parteichefs haben erkannt, dass die Chance auf einen Verhandlungserfolg nicht unbedingt mit der Zahl der öffentlich erhobenen Forderungen steigt. Doch mit der Erkenntnis ist es in der Politik wie im Privatleben: Sie führt nicht immer dazu, dass man sich auch nach ihr verhält.

Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer geben sich derzeit zwar erstaunlich ruhig, dafür treiben es die Leute hinter ihnen umso bunter. Die Parteien sind gerade dabei, auch eine mögliche große Koalition kaputtzureden. Der SPD-Generalsekretär sieht sich bemüßigt, Merkel Ratschläge zu erteilen, die eher Schläge sind. Und einige der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden lassen keine Gelegenheit aus, der Union einen mitzugeben. Doch das stärkste Stück liefert die CSU: Sie will unmittelbar vor dem ersten Sondierungsgespräch ein Papier verabschieden, in dem sie die Unterschiede zur SPD provokant zur Schau stellt.

Wohlgemerkt: Es geht nicht um das Verleugnen politischer Unterschiede, natürlich muss in der Sondierung hart gerungen werden. Das Getöse davor schadet aber. Jetzt rächt sich die lange Pause, die sich die Parteien bis zum Beginn der Sondierung im Januar gegönnt haben.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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