Bayerischer Ministerpräsident:Horst Seehofer, neuer Liebling der russischen Medien

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Seehofer auf dem Roten Platz in Moskau - Für die russischen Fernsehzuschauer ist er kein Unbekannter, seit er beim Thema Flüchtlinge und in der Russlandpolitik Kritik an Angela Merkel übt. (Foto: dpa)
  • Russische Medien berichten ausgiebig über den Besuch Horst Seehofers.
  • Der bayerische Ministerpräsident wird als Gegner der Kanzlerin und Gegner der "antirussischen Sanktionen" gefeiert.
  • Bisher mussten russische Medien auf Sahra Wagenknecht zurückgreifen, wenn sie deutsche Politiker zeigen wollten, die die Position Moskaus vertreten.

Von Julian Hans, Moskau

"Aufruhr in Deutschland: Bayern baut eigene Beziehungen mit Moskau auf - unter Umgehung Berlins." Der Satz, mit dem die Abendnachrichten des Senders Rossija das Treffen von Horst Seehofer und Wladimir Putin ankündigten, klang deutlich aufregender als die Bilder, die danach gezeigt wurden: der beige Konferenztisch, die bemüht herzliche Umarmung durch Edmund Stoiber, die dem russischen Präsidenten sichtbar unangenehm war, die Zahlen zu den Wirtschaftskontakten, die Putin vom Blatt las.

Das staatlich gelenkte Fernsehen präsentiert Seehofer als Gegner der Kanzlerin, Gegner der "antirussischen Sanktionen" und Kritiker der Flüchtlingspolitik. Alle Fernsehsender, Zeitungen und die politische Elite Deutschlands sprächen über das Treffen, heißt es triumphierend. Bayern leide sehr an den Sanktionen, der Export nach Russland sei eingebrochen. In München bezeichne man daher die Sanktionen als "absurdes Theater", das der eigenen Landwirtschaft und Industrie mehr schade als Russland, erklärt der Reporter.

Was Seehofer sagt, passt ins russische Narrativ

Für die russischen Fernsehzuschauer ist Seehofer kein Unbekannter, seit er beim Thema Flüchtlinge und in der Russlandpolitik Kritik an Angela Merkel übt. Der Einsatz der russischen Luftwaffe in Syrien und die Flüchtlinge in Europa sind seit Wochen die beherrschenden Themen im Staats-TV, ohne allerdings einen Zusammenhang zwischen beiden herzustellen.

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Beim Besuch üben Seehofer, Stoiber und Putin den Schulterschluss. Die Bayern kritisieren die westlichen Sanktionen gegen Moskau.

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In ihrer Not, westliche Politiker zu finden, welche die Position Moskaus vertreten, mussten die Sender bisher immer auf Sahra Wagenknecht zurückgreifen. Nun haben sie den CSU-Chef als neuen Liebling entdeckt. Was er sagt, passt in das russische Narrativ, wegen der Sanktionen stünde Europa kurz vor einer Bauernrevolte und der Ansturm von Flüchtlingen hätte Deutschland nahezu unbewohnbar gemacht. Wie gut, dass man in Russland noch sicher ist!, so der Tenor.

Dabei werden zwei sich widersprechende Darstellungen abwechselnd oder sogar parallel vertreten: Einmal wird der Eindruck erweckt, Angela Merkel stehe völlig allein da, das Volk und selbst die eigene Partei lehnten ihre Politik ab. Dann wiederum werden Figuren wie Seehofer als mutige Rebellen gezeichnet, die sich trauen, sich dem Mainstream entgegenzustellen und die Wahrheit zu sagen, was ein echtes Wagnis sei in der nur scheinbar freien Bundesrepublik.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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