Seehofer vs. Merkel:Bayerns Wink mit der Rentenkeule

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Der CSU-Chef Horst Seehofer droht der Kanzlerin mit dem Ausstieg aus der Rente mit 67. Die Wirtschaft müsse mitspielen und ältere Mitarbeiter einstellen. Darüber freut sich erwartbar der SPD-Vorsitzende Gabriel.

Annette Ramelsberger und Nico Fried

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stellt die Rente mit 67 in Frage und greift damit direkt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Seehofer erklärte am Montagabend in der bayerischen Staatskanzlei: "Ich werde meine Zustimmung zur Rente mit 67 aufkündigen, wenn die Wirtschaft Menschen, die über 50 sind, nicht beschäftigt. Das habe ich heute auch der Kanzlerin gesagt. Sonst ist das eine reine Rentenkürzung, und da mache ich nicht mit." Am Dienstag bekräftigte er seine Haltung.

"Da mache ich nicht mit": CSU-Chef Horst Seehofer stellt sich bei der Rente mit 67 offen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dapd)

Damit ist der mühsam ausgehandelte Frieden in der schwarz-gelben Koalition endgültig dahin, nachdem Seehofer bereits den Koalitionspartner FDP und große Teile der Union mit seinen Äußerungen verärgert hatte, die Bundesrepublik brauche keine Fachkräfte aus dem Ausland. Nun stellt sich Seehofer erneut gegen die Kanzlerin. Merkel hatte die Rente mit 67 zuletzt auf Regionalkonferenzen der CDU gegen Kritik verteidigt und die SPD für ihre Forderung nach einer Aussetzung der Regelung scharf kritisiert. Die Rente mit 67 war 2007 von der großen Koalition vereinbart worden. Sie sieht bis 2030 eine gestaffelte Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf dann 67 Jahre vor.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der Süddeutschen Zeitung: "Ich kann Horst Seehofer in diesem Punkt nur unterstützen. Ich hoffe, dass er diesmal nicht nur wieder die Backen aufbläst, sondern auch pfeift." Gabriel betonte, es müsse darum gehen, mehr Beschäftigung für ältere Menschen sowie flexiblere Übergangsmöglichkeiten vom Arbeitsleben in die Rente zu schaffen. Die SPD sei bereit, darüber mit der Regierung zu sprechen.

Seine Partei habe die Rente mit 67 nicht grundsätzlich aufgegeben, fordere aber die Einhaltung des Gesetzes. Darin ist für 2010 vorgesehen, zu prüfen, ob es "die Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie die wirtschaftliche und soziale Situation älterer Arbeitnehmer" überhaupt zulassen, die Altersgrenze heraufzusetzen. Diese Ausstiegsklausel hat auch Seehofer im Blick. Er hatte schon 2007 intern dafür plädiert, davon Gebrauch zu machen und es nicht auf soziale Verwerfungen ankommen zu lassen.

Seehofer kritisiert die Wirtschaft

"Ich werde der Verlängerung der Lebensarbeitszeit nicht zustimmen, wenn die Wirtschaft Ältere nicht einstellt", betonte Seehofer nun. Der SZ sagte der CSU-Chef, er akzeptiere nicht, dass die Bundesagentur für Arbeit zwar jedes Jahr Milliarden Euro für die Qualifizierung von Arbeitslosen bekomme, aber ständig von Schwervermittelbaren über 50 spreche. Dann müssten diese Menschen im Zweifel eben eine neue Berufsausbildung erhalten.

Er sehe auch nicht ein, dass die Wirtschaft nach Fachkräften aus dem Ausland rufe, gleichzeitig aber keine Älteren oder Mütter mit Kindern einstelle. SPD-Chef Gabriel warnte Seehofer davor, seine Skepsis gegenüber der Rente mit 67 nur als Verteidigung seiner umstrittenen Äußerungen zum Zuzug von Ausländern heranzuziehen.

CSU-Mittelstandsexperte Hans Michelbach wies Seehofers Kritik an der Rente mit 67 zurück: "Wir können solche Entscheidungen nicht laufend widerrufen. Wir müssen Verlässlichkeit als Markenzeichen voranstellen. Eine Aufweichung bei der Rente mit 67 könnten auch die Sozialsysteme gar nicht mehr verkraften."

Die Linke, seit langem Gegner der Rente mit 67, begrüßte die Veto-Drohung Seehofers. "Wir freuen uns über Verbündete und arbeiten mit allen zusammen, die vernünftige Ideen haben", sagte Parteichefin Gesine Lötzsch. Zuvor hatten andere Quellen in der Partei Seehofers Ankündigungen jedoch als "unglaubwürdig" bezeichnet.

© SZ vom 20.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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