Renate Künast:Beflügelte Grüne

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Renate Künast will Berlins Regierende Bürgermeisterin werden und so zeigen, dass die Grünen die SPD überholen können. Unklar ist, was aus der Politikerin wird, wenn das nicht klappt.

Constanze von Bullion

Der Hauptstadt steht ein rot-grüner Zweikampf bevor und eine Auseinandersetzung selbstbewusster Musketiere. Die grüne Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, will Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) 2011 im Amt ablösen und Deutschlands erste grüne Ministerpräsidentin werden. Am Abend will die 54-Jährige ihre Bewerbung bekanntgeben. Am Sonntag wird sie ihr Programm einem Landesparteitag in Berlin vortragen. Wann die offizielle Kür der Spitzenkandidatin und die Aufstellung der Wahllisten stattfindet, blieb zunächst offen.

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Renate Künast will Regierende Bürgermeisterin in Berlin werden - und Klaus Wowereit aus dem Amt jagen. Wer wäre der bessere Regierende Bürgermeister? sueddeutsche.de macht den Kandidatencheck. Stimmen Sie ab!

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Mit Künasts Kandidatur wollen die Grünen nicht nur in Berlin, sondern bundesweit ein Zeichen setzen. Ähnlich wie in Baden-Württemberg versuchen sie, die SPD als linke Volkspartei abzulösen und im Fall einer grün-roten Regierungskoalition zum Juniorpartner zu machen. Ob das gelingt, ist offen, die Chancen der Grünen aber werden als gut bewertet.

Nach der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap kommen sie in Berlin auf 30 Prozent, das sind zwei Punkte mehr als in der vorausgegangenen Umfrage. Die SPD hingegen fiel zwei Prozentpunkte auf 22 Prozent zurück. Die Berliner CDU liegt demnach bei 20 Prozent, die Linkspartei bei 17 und die FDP unverändert bei drei Prozent. Weniger günstig allerdings sieht das Stimmungsbild für die Grünen aus, wenn die Spitzenkandidaten direkt verglichen werden. 41 Prozent der Berlin halten Wowereit für den wirtschaftspolitisch kompetenteren Kandidaten, bei Künast sind es nur 25. Auch beim Thema Arbeitslosigkeit schneidet der SPD-Mann besser ab. Nur 29 Prozent allerdings halten Wowereit für einen glaubwürdigen Politiker, bei Künast sind es immerhin 42 Prozent.

Grüne Farbenspiele

Die Politikerin, die 1955 in Recklinghausen geboren wurde und vor ihrem Aufstieg in die Führung der Grünen Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus war, gehörte am Anfang ihrer Karriere dem linken Lager der Partei an. Inzwischen wird sie den Realos zugerechnet. Künast hat sich in der Vergangenheit immer wieder offen für schwarz-grüne Bündnisse gezeigt. In Berlin aber wird es dazu wohl nicht kommen. Weder an der Basis der Hauptstadt-Grünen noch in der CDU wäre ein solches Modell mehrheitsfähig. Künast hat eine solche Konstellation zwar nicht ausgeschlossen, aber signalisiert, dass ihr Wunsch-Koalitionspartner die SPD wäre. "Mit der SPD kann man sich das am ehesten vorstellen", sagte sie.

Was passiert, wenn die Grünen trotz aller guten Umfragewerte in Berlin am Ende nur auf Platz zwei landen, hatte Künast bis zuletzt offen gelassen. In Parteikreisen galt es als unwahrscheinlich, dass sie sich mit einem Senatorenposten, etwa als Innensenatorin, zufrieden gibt. Als ausgeschlossen galt, dass Künast nach der Landeswahl im September 2011 als Oppositionsführerin ins Berliner Abgeordnetenhaus zurückkehrt.

Wowereit hat seine Herausfordererin gewarnt, den Wahlkampf nicht mit einem "Rückfahrticket" in die Bundespolitik zu bestreiten. Dies werde von den Bürgern nicht honoriert. Künast will mit einem Programm antreten, das wirtschaftliche und ökologische Innovation mit sozialem Ausgleich und gerechteren Bildungschancen verknüpft. Die Juristin, die 2000 Parteichefin und 2001 Bundesministerin für Verbraucherschutz wurde, gilt als harte Verhandlerin.

© SZ vom 06.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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