Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Allzweckwaffe gegen Salonlinken

Renate Künast will Regierende Bürgermeisterin in Berlin werden - und Klaus Wowereit aus dem Amt jagen. Wer wäre der bessere Regierende Bürgermeister? sueddeutsche.de macht den Kandidatencheck. Stimmen Sie ab!

Michael König und Lena Jakat

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Renate Künast: Politische Erfahrung

WAHLEN ZUM ABGEORDNETENHAUS KÜNAST

Quelle: DPA

Renate Künast hat den Spekulanten recht gegeben: Sie wird bei den Wahlen in Berlin antreten, Klaus Wowereit das Amt des Regierenden Bürgermeisters abzujagen. Wie stehen die Chancen der beiden Kandidaten? Stimmen Sie ab!

Mit dem Bürgermeisteramt würde Renate Künast zu den Anfängen ihrer politischen Karriere zurückkehren: Von 1985 an prägte Künast die Politik der Grünen in Berlin. In Arbeitskreisen zur Wiedervereinigung, Runden zur Integration und bei rot-grünen Koalitionsverhandlungen erwarb sich Künast den Ruf als durchsetzungsstarke Pragmatikerin. Den Sprung in die Bundespolitik hatte Künast nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998 noch knapp verpasst, der gelang ihr dann aber gut zwei Jahre später - direkt an die Spitze des neu geschaffenen Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums. Noch bevor Merkels Kabinett vereidigt wurde, trat Künast 2005 als Bundesministerin zurück.

Hier im Bild: Als Spitzenkandidatin der Grünen gibt Künast bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 1999 ihre Stimme ab.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Klaus Wowereit: Politische Erfahrung

WOWEREIT

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Klaus Wowereit blickt auf eine typische Westberliner Politkarriere zurück, die 1969 mit der Mitgliedschaft bei den Jusos begann und 2001 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, als der heute 57 Jahre alte Politiker zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt wurde. Im Berliner Abgeordnetenhaus trat Wowereit erstmals 1995 auf, als er im Wahlbezirk Tempelhof ein Mandat gewann und haushaltspolitischer Sprecher seiner Partei wurde. 1999 wurde er Vorsitzender der SPD-Fraktion und führte die Partei an, als 2001 die regierende CDU über einen Parteispendenskandal stolperte. Infolge seiner Wahl zum Regierenden Bürgermeister stieg Wowereit auch in der Hierarchie der SPD auf. Seit 2009 ist er stellvertretender Bundesvorsitzender der Sozialdemokraten. Dem von Gerhard Schröder geförderten Juristen werden Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur 2013 nachgesagt.

Im Bild: Wowereit auf einem Landesparteitag der SPD im Juli 2001.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Renaste Künast: Rhetorik

Endspurtveranstaltung zur Europawahl - Bündnis 90/Die Grünen

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In ihren Reden ist Künast eher für ausufernde Satzkonstruktionen als für präzise Aussagen bekannt. Der Auftritt am Rednerpult mag nicht ihre Königsdisziplin sein, im Dialog kann Künast dagegen punkten. In Talkshows und in Gesprächsrunden beweist die Grünen-Politikerin regelmäßig Schlagfertigkeit und Spontaneität. Künast ist keine Politikerin, die etwas auf sich sitzen lässt - erst recht nicht, wenn der Angriff von männlichen Kollegen aus dem Politikbetrieb kommt. Die 54-Jährige scheut sich aber auch nicht vor verbalen Erstschlägen - so warf sie zum Beispiel Horst Köhler 2005 "soziale Kälte" vor .

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Klaus Wowereit: Rhetorik

Berlin Kampagne 'be Berlin' wird international

Quelle: dpa

Seinen wohl berühmtesten Satz sagte Klaus Wowereit, als er 2001 auf einem Sonderparteitag als Spitzenkandidat der SPD nominiert wurde: "Ich bin schwul, und das ist auch gut so." Damit gelang es ihm nicht nur, seine Homosexualität aus dem Wahlkampf herauszuhalten - er schaffte sich gleichzeitig eine Art Markenzeichen, das ihn fortan begleitete. Auch seine 2007 veröffentlichte Biographie trägt den Titel ... und das ist auch gut so. Von Wowereit stammt auch die Anmerkung, Berlin sei "arm, aber sexy", die sich in der Hauptstadt zu einem geflügelten Wort entwickelt hat. Als rhetorischer Einpeitscher ist Wowereit bislang nicht aufgefallen, wohl aber als eloquenter Gesprächspartner in Talkshows.

Im Bild: Wowereit bei der Vorstellung der Werbekampagne "be Berlin" im März 2009.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Renate Künast: Glaubwürdigkeit

Grüne Woche - Künast

Quelle: dpa/dpaweb

Als Künast 2001 das damalige Landwirtschaftsministerium von Parteikollegin Andrea Fischer übernahm, war es schwer gebeutelt von einem Skandal um die Rinderseuche BSE. Künast schaffte es in den vier Jahren ihrer Amtszeit, die Glaubwürdigkeit des Verbraucherschutzes wiederherzustellen. Sie sorgte für eine Zäsur in der Landwirtschaftspolitik - hin zu ökologischem Anbau, weg von mengenabhängigen Subventionen. Ihr Einsatz für das Bio-Siegel und gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sicherte Künast Vertrauen bei den Wählern. Dem konnten auch Informationspannen und skandalöse Dioxin-Fälle nicht nachhaltig schaden. Die Grünen-Politikerin dürfte außerdem davon profitieren, dass ihrer Partei insgesamt derzeit ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugesprochen wird.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Klaus Wowereit: Glaubwürdigkeit

IFA 2010

Quelle: ddp

Er hat sich in seiner Karriere keine Skandale zuschulden kommen lassen, auch bei einer Lüge wurde Wowereit bislang nicht erwischt. Dennoch haftet ihm zuweilen der Ruch des Unseriösen an. Wowereits politische Gegner schmähen ihn als "Partypolitiker" oder Hallodri, weil der Regierende Bürgermeister einen bisweilen sehr regen Kontakt zu der Welt der Reichen und Schönen pflegt. Parteiinternen Kritikern gilt Wowereit als "Salonlinker", weil er zwar ein rot-rotes Bündnis anführt, aber angesichts der Berliner Sparzwänge auch in der Sozialpolitik Einschnitte vornahm.

Im Bild: Bei der Eröffnung der Internationalen Funkausstellung 2010 testet Wowereit Kopfhörer.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Renate Künast: Volksnähe/Charisma

Politischer Aschermittwoch Grüne

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Wenn an Wahlabenden den zuletzt meist siegreichen Parteikollegen auf die Schulter geklopft, wenn erfolgreiche Wahlkämpfer geherzt werden wollen, ist das der Job von Claudia Roth. Renate Künast ist kein Knuddel-Typ, sie gibt sich eher distanziert und sachlich. Bilder, auf denen die Grünen-Poltikerin Hände schüttelt oder Kindern die Köpfe tätschelt, sind selten. Künast steht vielmehr für die kämpferische Art des Berufspolitikers. Im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, machte Künast zunächst gegen den Willen ihrer Eltern das Fachabitur, wurde Sozialarbeiterin und zog nach Berlin.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Klaus Wowereit: Volksnähe/Charisma

SPD-Hoffest in Berlin

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Wowereit gilt manchen Berlinern als abgehoben, weil er die Kameratauglichkeit seines Gesichts häufig unter Beweis stellt: Der Regierende Bürgermeister spielte sich in den TV-Serien Berlin, Berlin und Gute Zeiten, schlechte Zeiten selbst. Er war Ko-Moderator bei Wetten, dass..? und hatte eine Gastrolle in Dani Levys Kinofilm Alles auf Zucker. Bei der Berlinale und der Parade zum Christopher Street Day ist Wowereit ein häufig gesehener Gast. Seine Fans lieben ihn jedoch dafür, dass er der Hauptstadt Glanz verleiht - und behandeln den Regierenden Bürgermeister wie einen Star. Als der Berliner SPD-Landesverband nahe der Spree sein Sommerfest feierte, brach auf einem vorbei fahrenden Schiff Jubel aus - die Passagiere hatten Wowereit auf der Bühne entdeckt.

Im Bild: Klaus Wowereit wird bei einem SPD-Hoffest rund um das Rote Rathaus im Jahr 2007 von jungen Frauen umringt.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Renate Künast: Führungsstärke

Bundestagswahl

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Führungserfahrung sammelte Künast bereits im Berliner Abgeordnetenhaus - insgesamt sechs Jahren saß sie dort ihrer Fraktion vor. In den Tagen der Wiedervereinigung leitete sie die parlamentarischen Enquete-Kommission zur Reform der Landesverfassung. An der Spitze der grünen Bundestagsfraktion steht sie seit 2005, zuerst gemeinsam mit Fritz Kuhn, dann mit Jürgen Trittin, der Künast auch als "grüne Allzweckwaffe" bezeichnet. Mit Kuhn teilte sich die ursprünglich als Sozialarbeiterin tätige Politikerin auch einige Monate den Vorsitz der Bundespartei, bevor sie zur Ministerin berufen wurde. Kuhn und Künast galten gemeinhin als "Dreamteam" in der Parteiführung, dem es gelang, ideologische und realpolitische Strömungen zu vereinen. Am Ende von Künasts Amtstzeit drohte die grüne Führung allerdings immer wieder den Draht zur Basis zu verlieren und sah sich Angriffen aus den eigenen Reihen ausgesetzt.

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Berlin-Wahl 2011: Künast fordert Wowereit heraus:Klaus Wowereit: Führungsstärke

Klaus Wowereit

Quelle: ddp

Zwar setzte sich Wowereit mit seinen Sparplänen mehrfach gegen den Willen seines Koalitionspartners, der Linken, durch. Jedoch erlebte er immer wieder Rückschläge, die an seiner Führungsstärke zweifeln ließen. So musste er bei seiner Wiederwahl im November 2006 in den zweiten Wahlgang, wo er mit dem denkbar knappsten Ergebnis von 75 zu 74 Stimmen im Amt bestätigt wurde - obwohl SPD und die damalige Linkspartei.PDS gemeinsam 76 Stimmen hatten. 2009 gelang es Wowereit nicht, Thilo Sarrazin in die Schranken zu weisen: Der damalige Finanzsenator sorgte mit Koch- und Spartipps für Hartz-IV-Empfänger für Aufruhr. 2009 stand die rot-rote Koalition vor dem Aus, als eine SPD-Abgeordnete zu den Grünen wechselte. Weil eine andere Politikerin den entgegengesetzten Weg antrat, galt die Mehrheit jedoch als ausreichend stabil.

© sueddeutsche.de/mikö/leja/woja
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