Politiker auf Sommerreise:Wahnsinn, diese Volksnähe

Kinder gehen immer, Tiere auch. Und selbst ein kräftiger Regenguss kann für Wahlkampfzwecke nützlich sein. Wenn im Sommer die Parlamente geschlossen sind, gehen deutsche Politiker auf Sommertournee. Immer mit dabei: Fotografen. Es soll sich schließlich lohnen.

Politiker auf Sommerreise

Peter Altmaier

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(Foto: dpa)

Kinder gehen immer, Tiere auch. Und selbst ein kräftiger Regenguss kann für Wahlkampfzwecke nützlich sein. Wenn im Juli und August die Parlamente geschlossen sind, gehen deutsche Politiker auf Sommertournee. Immer mit dabei: Fotografen. Es soll sich schließlich lohnen. Politik ist ein eher dröges Geschäft: Debatten, Fraktionssitzungen, Ausschüsse. Wer seinen Wählern zeigen will, dass er trotzdem ein total unverkrampfter, volksnaher Mensch ist, der greift zu einem bewährten Mittel. Es heißt offiziell "Sommertour" oder "Sommerreise", ist aber mit "Wahlkampf" oder einfach "Imagepflege" treffender beschrieben. Kinder gehen immer. Tiere auch. Hier sieht man Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) während einer Wattwanderung in der Nordsee bei Friedrichskoog. Altmaier ist zu einer großen Energie-, Umwelt- und Sommertour durch drei Bundesländer unterwegs.

Politiker auf Sommerreise

Peter Altmaier und Robert Habeck

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(Foto: dpa)

Gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (re.) von den Grünen geht es zuerst in eine Seeehundestation.

Politiker auf Sommerreise

Peter Altmaier

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(Foto: dpa)

Motto der Reise: Energiewende - vor Ort. Deshalb steht auch die Besichtigung eines wichtigen Zukunftsprojektes an. 45 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum besucht der Minister den ersten deutschen Offshore-Windpark "Alpha Ventus". Altamier kündigte an, Verzögerungen bei der Anbindung von Windparks nicht länger zu akzeptieren. "Ich bin nicht bereit hinzunehmen, dass Wartezeiten von 50 Monaten entstehen, nur weil es Engpässe bei der Kabelzulieferung gibt". Mit den Unternehmen aus der Windenergie-Branche will er während seiner viertätigen Reise deshalb Gespräche führen. Weiteres Problem: Der Ausbau der Netze. Die großen Stromautobahnen, die den Windenergie aus der Nordsee an die Verbraucher in Süddeutschland bringen, müssen erst noch entstehen.

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Bernd Riexinger und Katja Kipping, die Linke

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(Foto: dpa)

Ins Gepäck einer Sommerreise gehört immer: eine Kamera, besser noch ein Fotograf, am besten aber mehrere Fotografen großer deutscher Nachrichtenagenturen. Ein bisschen Staffage kann auch nicht schaden: Hier übernimmt die Linken-Vorsitzende Katja Kipping (vorne rechts) einen "Staffelstab" von ihrem Ko-Parteichef Bernd Riexinger.

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David McAllister, CDU

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(Foto: dpa)

Kipping ist noch nicht lange Parteichefin, vielleicht fällt ihr Reiseauftakt deshalb etwas dröge aus. Wie man es richtig macht, zeigt hier der wahlkämpfende Ministerpräsident von Niedersachsen, David McAllister (links im Bild). Der CDU-Politiker muss bei der Landtagswahl im Januar um sein Amt fürchten, seinen Kritikern gilt er als eitel und überheblich. Also steigt er in eine Achterbahn und lässt sich mit verknautschter Miene fotografieren. Das ist das Gegenteil von eitel, das ist volksnah. McAllister, das wissen wir jetzt, sieht aus wie jeder andere, der mit hoher Geschwindigkeit durch die Luft geschossen wird. Zur Entkräftung des Vorwurfs, McAllister sei "abgehoben", taugt dieses Motiv aus naheliegenden Gründen allerdings nicht.

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David McAllister, CDU

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(Foto: dpa)

Als Polit-Profi, der mittellosen Zeitungen vorgefertigte Interviews anbietet, hat McAllister auch mit dieser Pose keine Mühe: Der Ministerpräsident nimmt eine Duftprobe bei einer Firma in Holzminden, die Duftstoffe herstellt. Hier kümmert sich einer um die heimische Wirtschaft. Außerdem kennt er sich, ganz emanzipierter Mann, mit Wäsche aus. Zwei Botschaften in einem Bild: hohe Sommertour-Ausbeute.

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Thomas de Maizière, CDU

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(Foto: dapd)

McAllisters Parteifreund Thomas de Maizière lässt es erwartungsgemäß staatstragender angehen, der Mann ist schließlich Bundesverteidigungsminister. Seine Sommertour führt ihn zu Stützpunkten der Bundeswehr, hier posiert er im saarländischen Lebach mit Soldaten. Für konservative Politiker ist der Kontakt zur Truppe unerlässlich, mit solchen Motiven allein ist es nicht da nicht getan. Deshalb ...

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Thomas de Maizère, CDU

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(Foto: dapd)

... setzt sich de Maizière bei der Gelegenheit gleich noch in das Cockpit eines Tiger-Hubschraubers und setzt den passenden Helm auf. Das zeigt a) technisches Verständnis und wirkt b) etwas lächerlich, aber eben uneitel. Der Politiker darf zufrieden sein (zwei positive Botschaften), der Fotograf (exotisches Motiv) ebenso. So fotogen wie der Mann allerdings, den de Maizière hier ersetzt, wird vielleicht nie wieder ein Verteidigungsminister sein. Und das ist vielleicht gut so.

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David McAllister, CDU

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(Foto: dapd)

Noch einmal McAllister, dem Mann macht wirklich niemand etwas vor: Als es bei einem Termin in Bad Gandersheim wie aus Kübeln schüttet, zeigt sich der Ministerpräsident mit zerzaustem Haar und in eine Decke gehüllt. Andere Politiker wären vielleicht ins Auto geflüchtet, McAllister aber erreicht neun von zehn Punkten auf der Volksnähe-Skala. Noch ein Handtuch über dem Kopf, und wir hätten die volle Punktzahl vergeben.

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Stephan Weil, SPD

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(Foto: dapd)

Der Mann vorne rechts im Bild will McAllister als Ministerpräsident beerben: Stephan Weil von der SPD joggt durch Niedersachsen. Das ist sportlich, das ist volksnah, das ist noch etwas besser als die Achterbahnfahrt (abgehoben!). Dass Weil den Slogan "Unterwegs für den Wechsel" auf sein T-Shirt schreiben ließ, gibt allerdings Punktabzug wegen überzogener Offensichtlichkeit.

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Stephan Weil, SPD

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(Foto: dpa)

Sich mit Kindern zeigen, weckt Sympathien bei den Wählern, das weiß nicht nur Barack Obama. SPD-Mann Weil verbindet das Motiv "Lieber Onkel" in dieser Szene in Hannover mit dem Punkt "Bildung": Bei der von ihm besuchten Einrichtung "Little Giants" handelt es sich um eine zweisprachige Vorzeige-Kindertagesstätte.

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Stephan Weil, SPD

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(Foto: dapd)

Noch so ein Klassiker: Stephan Weil als Spaziergänger, gedankenverloren auf einer Wiese. Für einen gänzlich unbekannten Politiker eignet sich das Motiv nicht - schließlich ist er kaum zu erkennen. Naturverbundenheit lässt sich so aber sehr gut demonstrieren.

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Erwin Sellering, SPD

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(Foto: dapd)

Zum Schluss noch ein Schnappschuss alter Schule: Erwin Sellering (Mitte), SPD-Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern, verbindet Waldidylle mit einem locker getragenen Sakko und einem interessanten Gesprächspartner: Michael Succow, Träger des Alternativen Nobelpreises (rechts). Das sind drei Motive auf einmal - aber etwas langweilig ist es auch.

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