Plebiszit-Vorstoß von CSU und SPD:Union streitet über Volksentscheide

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU, links) und der Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Wolfgang Bosbach (CDU) (Foto: picture alliance / dpa)

"Das lässt sich nicht zwischen Tür und Angel entscheiden": CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach reagiert überrascht auf den Vorschlag, im Falle einer großen Koalition Volksentscheide auf Bundesebene einzuführen. Es habe mit der CSU eine Absprache gegeben, das Thema nicht anzurühren.

Von Thorsten Denkler, Berlin

In der CDU stößt der Vorschlag, Volksentscheide und Volksbegehren auf Bundesebene einzuführen, auf massiven Widerstand. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach, Unterhändler in der Arbeitsgruppe "Innen und Recht", sagte der Süddeutschen Zeitung, er sei "völlig überrascht" von dem Papier gewesen, das die beiden Vorsitzenden der AG, Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und SPD-Unterhändler Thomas Oppermann verfasst haben.

Die Union habe das Thema zwar in ihren Treffen besprochen. Es habe aber die gemeinsame Absprache gegeben, es nicht anzurühren. "Wir wollten es bei der derzeitigen Rechtslage belassen", sagte Bosbach.

Die CSU sei zwar immer offener für die Frage nach mehr Mitbestimmung auf Bundesebene gewesen. "Die CDU aber, auch in Person der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden Angela Merkel, ist für die Beibehaltung der repräsentativen Demokratie."

Die Frage sei von derart grundsätzlicher Bedeutung für die CDU, dass sie nicht "mal eben zwischen Tür und Angel" entschieden werden könne. Partei und Fraktion müssten darüber zunächst breit debattieren können. Bosbach hält es überdies für problematisch, dass allein in europapolitischen Fragen das Volk direkt befragt werden solle. "Warum nicht auch zu innenpolitischen Fragestellungen wie der Rente?"

Friedrich rudert zurück

Innenminister Friedrich ruderte unterdessen zurück. Er und Oppermann hätten lediglich die jeweiligen Auffassungen ihrer Parteien niedergeschrieben - "als internes Papier für die weitere Diskussion". Er und Oppermann wüssten, dass die CDU mit den dort genannten Vorschlägen nicht einverstanden sei. "Es gibt keine Signale aus der CDU, dass man das mittragen würde", sagte Friedrich.

Philipp Mißfelder (CDU), Vorsitzender der Jungen Union, reagierte zurückhaltend. "Ich tue mich schwer damit. Wir sollten die repräsentative Demokratie nicht aushöhlen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Es mag sein, dass es viel Kritik an der Parteiendemokratie gibt, aber das System hat sich durch viele Krisen hindurch bewährt und zum sozialen Frieden in Deutschland beigetragen."

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bekräftigte hingegen, für die Sozialdemokraten sei eine stärkere Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungen eine zentrale Forderung in den Verhandlungen.

Auch Seehofer für Volksentscheide

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatten sich Friedrich und Oppermann am Rande der großen Koalitionsrunde vom Montag auf einen entsprechenden Vorstoß geeinigt. Demnach soll das Volk "bei europapolitischen Entscheidungen von besonderer Tragweite direkt befragt werden". Auch Plebiszite über alle vom Bundestag beschlossenen Gesetze sollen nach SZ-Informationen unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden.

Die CSU hatte bereits im Wahlkampf für Volksabstimmungen über wichtige Europafragen plädiert. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte sich am Montag auch offen für Volksentscheide auf Landesebene gezeigt. Zur Frage, ob die von Innenminister Friedrich geäußerte Ansicht auch Position der CDU sei, hatte es aus der SPD-Fraktion geheißen, man gehe davon aus, dass der Bundesinnenminister als Verhandlungsführer für die gesamte Union spreche.

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