Papst Benedikt XVI.: Besuch in Berlin:Heikler Auftritt im Reichstag

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Papst Benedikt XVI. kommt nach Berlin und soll im Bundestag sprechen. Die Grünen Ströbele und Beck stören sich daran - Ströbele will sogar demonstrativ das Parlament verlassen.

Stefan Braun und Constanze von Bullion

Die Materie ist sensibel, das Terrain unwegsam, die Einhaltung des Protokolls von größter Bedeutung. Der Papst soll im Bundestag sprechen, wenn er im Herbst 2011 Deutschland besucht. Und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gab bekannt, der Heilige Vater habe damit eine vor längerer Zeit ausgesprochene Einladung angenommen. Zufrieden soll das klingen, vier Jahre nach Lammerts Visite in Rom. Er selbst hatte den Papst damals eingeladen.

Hinter den Mauern des Reichstags muss er keine Trillerpfeifen befürchten: Papst Benedikt XVI. will im September 2010 nach Berlin kommen. (Foto: dpa)

Doch nicht alle sehen der Rede Benedikts XVI. so freudig entgegen wie Lammert. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele kündigte an, er werde während der Rede das Parlament verlassen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der sich für Schwule und Lesben einsetzt, meldete im Ältestenrat Bedenken an: Wenn der Papst im Bundestag spreche, müsse das anderen Religionsführern auch gestattet werden.

Weil die Grünen aber nicht als Kirchenfeinde gelten wollen, bemühte sich die Fraktionschefin Renate Künast, die Wogen zu glätten. "Vielen Berlinerinnen und Berlinern bedeutet dieser Besuch sehr viel. Viele von uns erwarten, dass Benedikt XVI. seinen Besuch mit einer Botschaft verbindet - gerade in unserer Stadt, in der so viele Kulturen und Religionen zusammenleben", sagte sie. "Ich freue mich, wenn wichtige Persönlichkeiten wie der Papst unsere Stadt besuchen."

Künasts Worte sind für das Erzbistum Berlin eine frohe Kunde. Dort hat man nach wie vor die Sorge, dass eine große Messe des Papstes unter dem freien Himmel der Hauptstadt für Pfeifkonzerte sorgen könnte, so wie 1996, als Johannes Paul II. am Brandenburger Tor von Demonstranten ausgebuht wurde. Berlin mit seiner schwul-lesbischen und kirchenkritischen Szene ist, vorsichtig ausgedrückt, kein Heimspiel für Katholiken. Umso größer war gerade im Erzbistum die Hoffnung, man möge einen ungefährlicheren Ort für den Papst-Auftritt finden. Eine Rede im Bundestag kommt da wie gerufen. Hinter den Mauern des Reichstags muss man keine Trillerpfeifen befürchten.

Mit der Entscheidung geht aber auch eine Serie diplomatischer Missgeschicke zu Ende. Lammert lud im Jahr 2006 den Papst während einer Feier der Römischen Verträge spontan ein, prompt reagierten in Berlin einige verstimmt, weil er sich zuvor nicht mit den Fraktionen abgestimmt hatte.

Kaum besser machte es der Berliner Erzbischof Georg Sterzinsky diesen November, als er nach Rom reiste. Auf die Frage eines Reporters, was er Benedikt XVI. in Berlin gerne zeigen würde, sagte er: "Ich würde ihm wünschen, dass er vor dem Bundestag reden darf." Wieder gab es Irritationen an der Spree, denn in den Bundestag lädt der Bundestag ein, nicht der Erzbischof. Entsprechend kühl antwortete Lammerts Sprecher damals auf entsprechende Nachfrage. Er sagte, derlei Pläne des Papstes seien ihm nicht bekannt geworden.

Immerhin, mittlerweile scheint das Hin und Her trotz der Bedenken einiger Grüner beendet. Nur eines ist noch nicht sicher: Ob der Papst am 22. September 2011 redet - oder doch einen Tag später.

© SZ vom 18.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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