Netanjahu bei Trump:Getriebene im Weißen Haus

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Benjamin Netanjahu und Donald Trump im Weißen Haus. (Foto: AFP)
  • Beim Besuch im Weißen Haus lobt der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu die Zusammenarbeit mit den USA unter Donald Trump.
  • Beide stehen innenpolitisch unter Druck, Netanjahu droht ein Verfahren wegen Vertrauensmissbrauchs.
  • Im Mittelpunkt des Treffens stand aber das Atomabkommen mit Iran und der Einfluss Teherans.

Von Alan Cassidy, Washington und Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Eine Ablenkung von innenpolitischen Affären war der Termin für beide: Mehrmals haben sich der amerikanische Präsident und der israelische Premierminister bereits getroffen, das Gespräch am Montag in Washington war die fünfte Begegnung, seit beide im Amt sind. Und zumindest bei Benjamin Netanjahu war wohl die Erleichterung darüber, mit dem Besuch bei Donald Trump den Problemen zu Hause für einige Tage entkommen zu sein, so groß wie selten.

Kurz vor seinem Abflug in die USA wurden Netanjahu und seine Frau getrennt jeweils fünf Stunden lang von Ermittlern der israelischen Anti-Korruptionsbehörde befragt. Es ging um mögliche Gefälligkeiten der Netanjahus zugunsten des größten israelischen Telekom-Konzerns Bezeq. Der Premier und seine Frau stehen in dem Verdacht, dem Konzern Vorteile verschafft zu haben. Im Gegenzug soll Mehrheitseigentümer Schaul Elovitsch für eine positive Berichterstattung über die Netanjahus auf dem ihm gehörenden Nachrichtenportal Walla gesorgt haben. Am Montag wurde bekannt, dass sich ein Vertrauter Netanjahus, sein ehemaliger Sprecher Nir Hefetz, als Kronzeuge im Bezeq-Verfahren zur Verfügung gestellt hat.

Netanjahu steht von verschiedenen Seiten unter Beschuss

Bereits vor drei Wochen hat die Polizei empfohlen, Anklage gegen Netanjahu wegen der Annahme von Bestechungsgeld, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs zu erheben. Die Entscheidung über eine Anklage, die erst in einigen Monaten erwartet wird, trifft der Generalstaatsanwalt. Gegen Vertraute Netanjahus wird in Zusammenhang mit vermuteten Schmiergeldzahlungen wegen des Kaufs deutscher U-Boote ermittelt. Netanjahu streitet alle Vorwürfe ab und spricht von einer "Hexenjagd" - ein Begriff, den auch Donald Trump gerne verwendet, wenn er über Sonderermittler Robert Mueller spricht.

Korruptionsaffäre in Israel
:Enger Vertrauter könnte Netanjahu belasten

Berichten zufolge will Schlomo Filber als Kronzeuge einer Haftstrafe entgehen. Kommentatoren läuten bereits das Ende Netanjahus auf dem Posten des israelischen Regierungschefs ein.

In den vergangenen Tagen hat sich in Israel die Koalitionskrise zugespitzt. Minister der religiösen Parteien drängen auf ein Gesetz, das ultraorthodoxe Männer vom dreijährigen Wehrdienst befreit. Ohne dieses Gesetz werde seine Partei dem Budget 2019 nicht zustimmen, drohte Yaakov Litzman, der Vorsitzende vom Vereinigten Thora-Judentum. Daraufhin setzte Finanzminister Mosche Kachlon eine Zwei-Wochen-Frist für den Budgetbeschluss - sonst gebe es Neuwahlen, drohte er. Die Koalition hat nur eine knappe Mehrheit von 61 der 120 Sitze in der Knesset. Medien spekulieren bereits über einen Neuwahltermin im Juni.

Trumps Schwiegerson Jared Kushner hat enge Verbindungen nach Israel

Im Mittelpunkt von Netanjahus Besuch in Washington standen das Atomabkommen mit Iran und der Einfluss Teherans, der Israel und die USA umtreibt, wie Netanjahu vor Medienvertretern betonte. "Das ist die wichtigste Herausforderung überhaupt", sagte er. Für Trump fand er viel Lob: Die bilaterale Beziehung zwischen Israel und den USA sei heute "so gut wie noch nie". Gesprochen haben die Politiker auch über die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem. Diese ist für Mai vorgesehen. Trump erwägt, an der Zeremonie teilzunehmen: "Ich könnte, ich könnte", antwortete er auf entsprechende Reporterfragen.

Getroffen hat Netanjahu auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Zwischen der Familie Kushner und Israel gibt es seit Jahren enge wirtschaftliche Verbindungen. Im Fall Netanjahus sind sie auch persönlich: Der Premier hat laut New York Times einmal im Kinderzimmer Kushners in New Jersey übernachtet. Kushners Aufgabe als US-Sondervermittler für den Nahen Osten wird dadurch erschwert, dass er seit Kurzem über keinen Zugang zu Informationen der höchsten Geheimhaltungsstufe mehr verfügt. Zum anderen untergraben Kushners geschäftliche Verstrickungen in der Region seine Glaubwürdigkeit.

Kushners geschäfte könnten US-Außenpolitik beeinflusst haben

Zu diesen Verstrickungen gehört laut dem Magazin The Intercept, dass sich Kushners Vater Charlie im April 2017 mit Ali Scharif al-Emadi getroffen haben soll, dem Finanzminister von Katar. Demnach ging es um eine Investition für eine Immobilie in Manhattan, welche die Kushner-Familie bis Anfang 2019 refinanzieren muss. Nach einem weiteren Treffen im gleichen Monat habe sich die Regierung in Doha gegen eine Beteiligung ausgesprochen.

Nur einen Monat nach den Treffen mit den Katarern in New York kam es zur Blockade Katars durch mehrere arabische Staaten, angeführt von Saudi-Arabien. Begründet wurde sie damit, dass der Kleinstaat den Terrorismus fördere. Katar ist Verbündeter der USA, das Land unterhält dort einen Militärstützpunkt. Dennoch stellte sich Präsident Trump hinter die Blockade, sehr zur Bestürzung des Außenministers Rex Tillerson. Unterstützt wurde das Vorgehen der arabischen Allianz durch Kushner. All dies nährt den Verdacht, dass Geschäfte von Trumps Schwiegersohn die US-Außenpolitik beeinflusst haben könnten. Nun will auch Ermittler Robert Mueller dieser Frage nachgehen.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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