Nato-Gipfel:Trump macht Krawall in Brüssel

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Donald Trump stellt beim Nato-Gipfel neue Forderungen auf. (Foto: dpa)

Im Zentrum der Diskussionen beim Nato-Gipfel steht der Konflikt um die Lastenteilung. Der US-Präsident macht Deutschland schwere Vorwürfe - und stellt sogar eine neue Forderung auf.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Das Verhältnis zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten hat beim Nato-Gipfel in Brüssel einen neuen Tiefpunkt erreicht. US-Präsident Donald Trump nutzte das Treffen am Mittwoch für heftige Attacken auf das von der Bundesregierung unterstützte Projekt der neuen Ostsee-Pipeline "Nord Stream 2". Deutschland werde durch das Projekt zu fast 70 Prozent von russischem Gas abhängig sein, behauptete Trump. "Deutschland wird total von Russland kontrolliert", sagte er. Es sei ein "Gefangener Russlands".

Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte ungewöhnlich deutlich auf die Angriffe. Sie habe erlebt, dass "ein Teil Deutschlands von der Sowjetunion kontrolliert wurde", und sei "sehr froh, dass wir heute in Freiheit vereint sind als die Bundesrepublik Deutschland und dass wir deshalb auch sagen können, dass wir unsere eigenständige Politik machen können und eigenständige Entscheidungen fällen können".

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Auf Trumps Kritik an Nord Stream 2 ging Merkel zunächst nicht direkt ein, die von Trump genannten Zahlen wurden von der Bundesregierung aber als falsch zurückgewiesen. Demnach werden 37 Prozent des deutschen Gasverbrauchs durch russische Importe gedeckt, also etwa ein Drittel. Das Pipeline-Projekt wird allerdings nicht nur von den USA kritisiert, sondern ist auch in Europa umstritten. So fürchtet die Ukraine um ihre Rolle als Gas-Transitland. Auch die EU-Kommission ist besorgt über eine steigende Abhängigkeit von russischem Gas.

Im Zentrum der Diskussionen beim Nato-Gipfel stand der Konflikt um die Lastenteilung. Trump forderte gar eine Erhöhung der nationalen Verteidigungsleistungen auf vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Vereinbart sind momentan zwei Prozent. Erneut machte er Deutschland schwere Vorwürfe. Während es mit einem "riesigen" Energiegeschäft russische Kassen fülle, verlasse es sich auf den Schutz durch die USA. So sei Deutschland entgegen der Beschlüsse der Nato nur zu "winzigen" Erhöhungen seiner Verteidigungsausgaben bereit. "Das ist sehr unfair gegenüber unserem Land und sehr unfair gegenüber unserem Steuerzahler", beschwerte er sich. "Deutschland ist ein reiches Land", es könne problemlos mehr zahlen.

Deutschland fühle sich den Beschlüssen des Nato-Gipfels von Wales 2014 verpflichtet, "uns in Richtung zwei Prozent zu entwickeln bei den Verteidigungsausgaben", betonte Merkel. 2024 werde Deutschland 80 Prozent mehr für Verteidigung ausgeben als 2014. Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt wird dann bei 1,5 Prozent liegen. Die 29 Staats- und Regierungschefs bekräftigten in der Gipfel-Erklärung ihr "unerschütterliches Bekenntnis" zum Zwei-Prozent-Ziel. "Eine faire Lastenteilung untermauert alles, was wir tun", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. "Noch vor wenigen Jahren haben wir unsere Verteidigungsausgaben gekürzt. Nun steigern wir sie um Milliarden", betonte er.

Doch Trump reicht das nicht mehr aus: Unmittelbar nach der Arbeitssitzung mit seinen Nato-Verbündeten mahnt er am Mittwochabend auf Twitter, die Bündnispartner müssten sofort zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben und nicht erst 2025. Am Rande eines einstündigen Gesprächs mit Donald Trump sagte Merkel, Deutschland und die USA seien "gute Partner". Auch Trump lobte das angeblich "großartige" Verhältnis zu Deutschland. Er unterhalte auch eine "sehr, sehr gute Beziehung zur Kanzlerin". Merkel und Trump sprachen über das Verhältnis zu Russland und den Krieg in Syrien, aber auch über Handelsfragen. Deutschland ist wegen seines Handelsüberschusses immer wieder Zielscheibe heftiger Angriffe Trumps. Derzeit lässt er die Einführung von Zöllen auf Autos prüfen, die vor allem Deutschland treffen würden. Schon im Vorfeld des Nato-Gipfels hatte Trump die Frage der Verteidigungsausgaben mit dem Handelsstreit verknüpft.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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