Nahostkonflikt:Inszeniertes Werk von Pyromanen

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Israelische Jugendliche betrachten Einschusslöcher in der Synagoge in Jerusalem, in der das Massaker stattfand (Foto: AP)

Mit dem Synagogen-Massaker in Jerusalem bekommt der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern eine neue Dimension: die brandgefährliche religiöse Aufladung. Von außen sind die Flammen nicht mehr zu löschen.

Ein Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Höher können die Wellen kaum noch schlagen, größer können die Emotionen nicht sein. Das Synagogen-Massaker markiert den bisherigen Höhepunkt einer Serie von Anschlägen, die in den vergangenen Wochen Jerusalem und das ganze Land erschüttert haben.

Als gäbe es in dieser umkämpften Stadt nicht schon genug Streitthemen wie den weiter wuchernden Siedlungsbau, bekommt der politische Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nun eine neue Dimension: die brandgefährliche religiöse Aufladung.

Augenzeugen berichten in Radio und Fernsehen von Toten unter blutverschmierten Gebetsschals und von leblosen Männern, deren von Gebetsriemen umwickelte Arme in Blutlachen lagen. "Wir haben so etwas seit dem Holocaust nicht mehr gesehen", sagt einer.

Von außen sind die Flammen nicht zu löschen

Je wehrloser die Opfer sind, desto größer ist die Wut; je heiliger der Ort einer Bluttat ist, desto schlimmer werden die Rachegelüste. Man braucht also kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass der Angriff zweier Palästinenser auf eine Synagoge in Jerusalem sehr bald weitere Gewalttaten nach sich ziehen wird. Genau das bezweckten die Attentäter, so ticken die Terroristen. Doch warum gibt es niemanden, der sich diesem mörderischen Kalkül entgegenstemmt?

Seit dem Kollaps der Friedensgespräche konzentrieren sich die israelische und die palästinensische Führung allein darauf, die Lage anzuheizen. Erst der Gaza-Krieg im Sommer, dann die Spirale der Gewalt in Jerusalem, stets gefolgt von gegenseitigen Schuldzuweisungen und nun auch noch garniert mit den Zutaten für einen Religionskrieg. Das ist kein Spiel mehr mit dem Feuer - es ist das bitterernst inszenierte Werk von Pyromanen.

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Wenn ein Ort so heilig ist wie Jerusalem, dann scheint der Zweck auch die Mittel zu heiligen: Palästinenser werfen Steine, die israelischen Sicherheitskräfte schlagen hart zurück. Die Politik heizt die Eskalation nur noch an - auf beiden Seiten.

Kommentar von Peter Münch

Von außen sind die Flammen nicht zu löschen. US-Außenminister John Kerry hat es versucht bei einem Krisengipfel in Amman, sein deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier hat in Jerusalem und Ramallah an die Vernunft appelliert. Doch ihre Warnungen werden ignoriert. Die Dynamik des Konflikts lässt dafür keinen Raum mehr. Israels Premier Benjamin Netanjahu und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas müssen allein die Geister einfangen, die sie riefen. Sie haben keine Zeit zu verlieren.

© SZ vom 19.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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