Militäreinsatz im Irak:US-Kongress murrt über Obama

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"Es wird Zeit brauchen": Barack Obama zum US-Militäreinsatz im Irak (Foto: AP)

Der Unmut über den Präsidenten wächst: Obama kündigt an, dass das US-Militär weiter die "begrenzten Einsätze" im Irak ausführt, die er autorisiert hat. Doch die US-Parlamentarier wollen über Militäreinsätze mitentscheiden. Die einen fürchten ein neues riskantes Auslandsabenteuer - die anderen fordern: Bodentruppen schicken!

Von Nicolas Richter, Washington

Zehn Tage nach Beginn neuer US-Luftangriffe im Irak wachsen im amerikanischen Kongress Zweifel an der Strategie von Präsident Barack Obama. Abgeordnete und Senatoren werfen ihm vor, er tue wahlweise zu viel oder zu wenig, um die Terrormiliz des Islamischen Staats (IS) zu bekämpfen. Auf jeden Fall verlangen immer mehr Parlamentarier, dass sie über ein Mandat abstimmen dürfen für das weitere Vorgehen des US-Militärs.

Die USA haben ihre Luftangriffe im Norden des Irak jüngst ausgeweitet und Stellungen der IS-Terroristen am Staudamm von Mossul angegriffen. Obama schrieb dem Parlament, er wolle dem irakischen Militär helfen, den Staudamm zurückzuerobern, der unter anderem für die Wasserversorgung der Hauptstadt Bagdad wichtig ist. Schäden am Damm könnten das Leben vieler Menschen gefährden, etwa das von US-Diplomaten in Bagdad. Ausmaß und Dauer der Angriffe seien beschränkt.

Kampf gegen IS
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Fahrzeuge, Schutzwesten, Nachtsichtbrillen - aber keine Waffen: Die Lieferung militärischer Ausrüstung aus Deutschland in den Nordirak könnte in der kommenden Woche beginnen. Mit Hilfe des US-Militärs wollen kurdische Milizen den strategisch wichtigen Mossul-Staudamm zurückerobert haben.

Allerdings hat der Präsident schon öfter beteuert, er habe sich begrenzte Ziele gesetzt für die ersten US-Kampfeinsätze seit Abzug der Truppen 2011. Ursprünglich wollte Obama nur einen Völkermord der IS-Terroristen an den Jesiden verhindern und das US-Konsulat im nordirakischen Erbil schützen. Mit amerikanischer Hilfe haben die irakische Armee und kurdische Kämpfer nun die ersten militärischen Erfolge seit Wochen gegen die IS-Truppe erzielt. Obama hat sich daher offenbar entschlossen, die Intervention auszuweiten.

Kongress fordert mehr Mitsprache

Der US-Präsident stellt sich offenbar auf ein länger anhaltendes Engagement im Irak ein. "Es wird Zeit brauchen", sagte Obama am Montag in Washington. "Es sollte keinen Zweifel daran geben, dass das Militär der Vereinigten Staaten weiterhin die begrenzten Einsätze ausführen wird, die ich autorisiert habe." Es sei im nationalen Interesse der USA, den Aufständischen Einhalt zu gebieten.

Nun aber fühlt sich der Kongress übergangen. Das Parlament müsse zustimmen, forderte der demokratische Senator Tim Kaine, ein Parteifreund Obamas. "Dies gilt erst recht, da unser neues Eingreifen dem Präsidenten zufolge ein langfristiges Projekt sein dürfte."

Der republikanische Senator Rand Paul erinnerte an das, was Obama einst im Wahlkampf für das Weiße Haus gesagt hatte: Kein Präsident solle ohne Zustimmung aus dem Kongress in den Krieg ziehen, es sei denn, es herrsche dringende Gefahr für das Land. "Präsident Obama sollte sich also mit Kandidat Obama unterhalten", sagte Paul.

Das Weiße Haus ist bislang der Meinung, dass der Präsident niemanden um Erlaubnis fragen muss. Weder die Vereinten Nationen, da die USA ja auf Bitten der irakischen Regierung auf deren Staatsgebiet intervenierten, noch den Kongress, da beschränkte Militärschläge gedeckt seien von den Vollmachten des Präsidenten. Obama beruft sich auf ein Gesetz namens "War Powers Act", das ihm beschränkte Operationen ohne Zustimmung des Parlaments höchstens 90 Tage lang erlaubt. Einstweilen also genügt es aus Sicht des Weißen Hauses, den Kongress zu informieren.

Allerdings hat Obama im vergangenen Jahr selber einen folgenreichen Präzedenzfall geschaffen. Damals hatte er den Kongress um Erlaubnis gebeten, das syrische Militär mit Raketen anzugreifen.

Falken fordern klare Strategie

Die nahenden Parlamentswahlen in den USA könnten die Pläne Obamas nun einer größeren Kontroverse aussetzen. Abgeordnete, Senatoren und Parlamentskandidaten sind zurzeit in den Wahlkreisen und hören von der Sorge vieler Bürger, dass sich die USA auf ein riskantes Auslandsabenteuer einlassen könnten.

Bruce Braley, ein Senatskandidat der Demokraten in Iowa, hat die Regierung bereits um Aufklärung über das weitere Vorgehen gebeten und es seine "größte Sorge" genannt, dass der Präsident eigenmächtig in den Krieg ziehe und die USA einer endlosen, verlustreichen Intervention aussetze. An der demokratischen Basis sind Auslandseinsätze besonders unbeliebt.

Washingtons Falken hingegen werfen Obama vor, ihm fehle eine klare Strategie gegen die militärischen Erfolge der IS-Terroristen. Der Republikaner Mike Rogers etwa, Chef des Geheimdienst-Ausschusses im Abgeordnetenhaus, nannte die IS jüngst eine Gefahr für die Vereinigten Staaten. Die USA müssten die Organisation nicht nur im Irak bekämpfen, sondern auch im benachbarten Syrien. Manche Politiker verlangen schon Bodentruppen oder eine internationale Koalition wie 2003 bei der US-Invasion im Irak, um IS zurückzuschlagen.

Selbst einzelne Demokraten fordern mehr Aggressivität. "Wir können es uns nicht leisten, den Kopf in den Sand zu stecken", sagte der demokratische Abgeordnete Eliot Engel. Notfalls müsse man eben Bodentruppen schicken. Je länger der Einsatz also dauert, desto mehr Berater hat der Präsident.

© SZ vom 19.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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