Libyen: Offensive von Gaddafi:Showdown in Bengasi

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Gaddafis Truppen stehen vor den Toren der Rebellenhochburg Bengasi. US-Außenministerin Clinton sagt, der Diktator wolle so viele Menschen wie möglich töten. Im UN-Sicherheitsrat ringen die Großmächte um einen Militäreinsatz. Frankreich würde am liebsten sofort losschlagen.

Tomas Avenarius

Während Machthaber Muammar al-Gaddafi die Aufständischen in Libyen militärisch in die Enge drängt, streitet die Welt weiter über die Notwendigkeit, militärisch einzugreifen. Der UN-Sicherheitsrat wollte noch am Donnerstagabend über einen Resolutionsentwurf abstimmen, der eine Intervention zum Schutz der Zivilisten vorsieht. Die Chancen, dass er angenommen wird, galten aber als gering. Gaddafis Sohn Saif al-Islam hatte gedroht, dass der Aufstand binnen 48 Stunden niedergeschlagen werde.

Libysche Regierungssoldaten feiern ihren Sieg in Adschdabija. Nun rücken sie gegen die Rebellenhochburg Bengasi vor. (Foto: REUTERS)

Das Staatsfernsehen meldete bereits, Regierungstruppen stünden "vor den Toren von Bengasi", und forderte die Einwohner der Rebellenhochburg auf, alle Stadtteile zu verlassen, in denen sich Aufständische oder Waffendepots befinden. Dies galt als deutliche Warnung vor einem bevorstehenden, massiven Angriff. Der Flughafen der Stadt wurde bombardiert. Die Kämpfe zwischen Aufständischen und Gaddafis Truppen spielten sich vor allem noch zwischen Bengasi und der weniger als 200 Kilometer westlich gelegenen Stadt Adschdabija ab, die für die Kontrolle Ostlibyens wichtig ist. Bisher scheinen die Regierungstruppen massive Geländegewinne zu machen. Die Großstadt Misrata, die tagelang belagert worden war, soll gefallen sein. Sie ist 200 Kilometer von der Hauptstadt Tripolis entfernt und war die letzte Hochburg des Aufstands westlich von Bengasi. Auch sollen Gaddafis Truppen Suwaitina eingenommen haben, 150 Kilometer südlich von Bengasi.

Deutschland, China und Russland lehnen ein Eingreifen weiter ab. Dagegen sprechen die USA, Frankreich und Großbritannien nicht mehr allein von einer Flugverbotszone über Libyen, um Gaddafis Luftwaffe auszuschalten. Sie erwägen offenbar auch Luftangriffe auf Bodentruppen des Diktators. Man berate "sehr ernsthaft", wie man die Zivilbevölkerung schützen könne, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice. US-Außenministerin Hillary Clinton warnte, Gaddafi habe offenbar vor, so viele Menschen wie möglich zu töten. Frankreichs Premier François Fillon sprach sich am Abend in New York für eine Militäraktion in Libyen noch "in den kommenden Stunden" aus, falls der Sicherheitsrat zustimme. Die Führung in Tripolis drohte mit Angriffen auf den Luft- und Seeverkehr im Mittelmeer. Das gelte auch für zivile Ziele, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der amtlichen Nachrichtenagentur Jana.

Die Aufständischen bestritten, dass sie auf dem Rückzug seien. Die Stimmung hat sich aber trotz der Siegesgewissheit ihrer Führer verschlechtert. In Tobruk waren viele der Revolutionsparolen an Häuserwänden übermalt. Zwischen Bengasi und der Grenze zu Ägypten sinkt die Zahl der Kontrollposten der Rebellen. Viele junge Männer sind an der Front; viele dürften sich aber abgesetzt haben.

Gaddafis Truppen haben ihre Angriffe jüngst verstärkt. Den Angriffen der Luftwaffe sind die Aufständischen in der Wüste schutzlos ausgeliefert. Das Regime verfügt zudem über Artillerie und Raketenwerfer.

© SZ vom 18.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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