SPD-Politiker Lauterbach warnt vor Epidemie:"Ehec ist weltweit auf dem Vormarsch"

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Die Ehec-Quelle ist gefunden, doch viele Patienten, die von dem Erreger befallen sind, werden ihr Leben lang unter den Folgen der Erkrankung leiden, befürchtet der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er warnt vor künftigen Ehec-Ausbrüchen: Der gefährliche Keim breite sich aus - auf der ganzen Welt.

Nach der Identifikation von Sprossen als Ehec-Quelle geht der Kampf gegen die Epidemie weiter: Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet mit massiven Folgeschäden für Ehec-Erkrankte. "Etwa 100 Patienten sind so stark nierengeschädigt, dass sie ein Spenderorgan brauchen oder lebenslang zur Dauerdialyse müssen", sagte Lauterbach der Bild am Sonntag. Der Politiker warnte auch vor weiteren Infektionswellen in Deutschland: "Ehec-Erreger sind weltweit auf dem Vormarsch. Auch in Deutschland wird es künftig immer wieder zu Ehec-Ausbrüchen kommen."

Betrachtet den Meldeweg der Gesundheitsbehörden per Post als verbesserungswürdig: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. (Foto: dpa)

Lauterbach sieht zudem den Meldeweg von Ehec-Erkrankungen per Briefpost als eine Ursache für die starke Ausbreitung der Krankheit an. Er kündigte in Bild am Sonntag eine Untersuchung im Gesundheitsausschuss an: "Die Kliniken müssen in Zukunft jeden Ehec-Fall direkt per Mail an das Robert-Koch-Institut melden." Die bisherige Meldekette vom Gesundheitsamt vor Ort über das Landesgesundheitsamt an das Robert-Koch-Institut auf dem Postweg dauere mindestens eine Woche.

Als Reaktion auf die Ehec-Welle forderte auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) technische Verbesserungen im Meldeverfahren. Bahr äußerte sich ebenfalls in der Bild am Sonntag: "Nach Abklingen des Ehec-Ausbruchs werden Länder und Bund gemeinsam die Arbeit bewerten. Mir ist dabei der Informationsfluss zwischen den Beteiligten besonders wichtig. Das Meldeverfahren gehört auf die Tagesordnung." Forderungen nach einer zentralen Stelle zur Seuchenbekämpfung erteilte der FDP-Politiker erneut eine Absage.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Konsequenzen für die Lebensmittelüberwachung an. "Ich habe die Länderbehörden gebeten, bundesweit schwerpunktmäßig Produzenten und Importeure von Sprossen und deren Produkte zu überprüfen", sagte sie dem Blatt. "Einbezogen werden müssen hierbei natürlich auch Importe von Samen aus dem Ausland." Sie werde auf schärfere Vorschriften für die Sprossenzucht drängen.

Die Ehec-Fahnder haben unterdessen neue Beweise dafür gefunden, dass Sprossen aus Bienenbüttel die gefährliche Krankheit ausgelöst haben. Zwei weitere Mitarbeiterinnen des Biohofs in Niedersachsen sind demnach mit dem lebensbedrohlichen Darmkeim infiziert. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigte am Samstag zudem, dass der Ehec-Erreger an den Sprossen exakt vom selben Typ ist wie die Bakterien, an denen bislang mehr als 30 Menschen in Deutschland starben.

Hoffnung auf steigende Gemüsenachfrage

Mehr als 4000 Menschen sind derzeit deutschlandweit an EHEC erkrankt oder stehen unter Infektionsverdacht. Die Lieferkette vom Biohof zu den Erkrankten in NRW sei noch unklar, betonte Landesverbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) in einem WDR-Interview.

Ebenso offen ist, wie der aggressive Darmkeim auf das Gelände in Bienenbüttel kam, sagte der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) der Rhein-Neckar-Zeitung.

EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos setzt nach der Entwarnung für Tomaten, Salat und Gurken auf eine steigende Gemüsenachfrage. "Ich hoffe, dass der Markt sich schnell wieder erholt", sagte Ciolos der Passauer Neuen Presse. Er erwarte am Dienstag die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten für das 210-Millionen-Euro-Hilfspaket der Kommission für Landwirte. "Dann könnten wir die ersten Hilfen im Juli abwickeln und auszahlen."

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