Kundus-Affäre:Opfer-Anwälte drohen mit Klage

Lesezeit: 2 min

Kein Ende der Causa Kundus in Sicht: Weil das Verteidigungsministerium einen Termin mit den Opfer-Anwälten platzen ließ, wollen diese nun vor Gericht ziehen.

Während noch über Guttenbergs politisches Geschick bei der Handhabung der Kundus-Affäre diskutiert wird, zieht bereits neues Ungemach für den deutschen Verteidigungsminister auf: Im Ringen um Entschädigungszahlungen an die Opferfamilien des von der Bundeswehr angeordneten Luftangriffs von Kundus drohen die Opfer-Anwälte nun mit Klagen.

Auslöser war die Absage eines für Mittwoch geplanten Gesprächs des Verteidigungsministeriums mit den Bremer Rechtsanwälten Bernhard Docke und Karim Popal. Zuvor waren neue Forderungen mutmaßlicher Opfer gegen Deutschland laut geworden.

"Keineswegs abgebrochen, nur verschoben"

"Weitere Gespräche sind erst dann sinnvoll, wenn die Rechtsanwälte die Mandatslage geklärt haben", teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstag in Berlin mit. Die Anwälte müssten nachweisen, wessen Interessen sie vertreten.

Gegenüber dem Weser-Kurier erklärte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, die Gespräche mit den beiden Anwälten seien "keineswegs abgebrochen, sondern nur verschoben". Das Ministerium habe "Interesse, mit allen Opfern zu einer einheitlichen Lösung zu kommen", berichtet die Zeitung. Die Anwälte sollten jedoch vorher "die Mandatslage aufklären", also nachweisen, wessen Interessen sie tatsächlich vertreten.

Anwalt Docke betonte, bei einer "Lagefeststellung" Anfang Januar in Kundus habe das Verteidigungsministerium noch "keinen Zweifel daran gehegt, dass unsere Mandanten tatsächlich zivile Opfer sind". Nach eigenen Angaben vertreten Popal und Docke 456 Hinterbliebene von 137 zivilen Todesopfern des Luftangriffs.

Spiegel Online berichtet, 30 afghanischen Familien hätten über die unabhängige Menschenrechtsorganisation AIHCR verlangt, direkt mit der Bundeswehr zu verhandeln, weil sie zum bisher in der Sache federführenden Anwalt Popal kein Vertrauen hätten.

Da Popal nie in die betroffene Region gereist sei, gebe es Zweifel, ob seine Mandanten tatsächlich Angehörige der Opfer des von der Bundeswehr befohlenen Bombardements vom 4. September 2009 seien, schreibt das Nachrichtenmagazin.

Docke und Popal widersprachen den Presseberichten, räumten aber ein, dass es über ihre Mandanten hinaus weitere Opferfamilien geben könnte: "Wir können nicht ausschließen, dass es weitere Opfer gibt und wir nehmen auch kein Opfervertretungsmonopol in Anspruch."

Bis heute konnte nicht eindeutig geklärt werden, wie viele Menschen bei dem verheerenden Luftschlag von Kundus, der eigentlich einem von den Taliban gekaperten Tanklastzug galt, tatsächlich ums Leben kamen oder verletzt wurden.

Die Bremer Anwälte kritisierten die Entscheidung des Ministeriums. "Damit verzögert sich die überfällige Entschädigungsregelung weiter auf unbestimmte Zeit", heißt es in einer Mitteilung. Es solle nun offensichtlich doch nicht die von Verteidigungsminister Guttenberg angekündigte schnelle, unbürokratische Hilfe geben, bemängelten die beiden Juristen. "Notgedrungen werden wir den Klageweg vorbereiten."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: