Krieg im Irak:IS will 25 000 Zivilisten als menschliche Schutzschilde nach Mossul bringen

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In Qayara, 50 Kilometer südlich von Mossul, brennen Ölfelder. (Foto: AP)
  • Irakische Truppen haben einen Konvoi des sogenannten Islamischen Staats (IS) aufgehalten, mit dem 25 000 Zivilisten als menschliche Schutzschilde nach Mossul gebracht werden sollten.
  • Eine Allianz aus irakischer Armee, kurdischen Kämpfern und anderen Milizen rückt mit Unterstützung der USA und auch Deutschlands seit zwei Wochen auf die vom IS gehaltene Stadt vor.

Die Extremistenmiliz des sogenannten Islamischen Staats (IS) hat nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) versucht, 25 000 Zivilisten als menschliche Schutzschilde in die Großstadt Mossul zu bringen. Der Konvoi der Extremisten sei im Schutz der Dunkelheit am Montagmorgen in der Stadt Hammam al-Alil gestartet, sagte eine UN-Sprecherin in Genf. Die meisten der Fahrzeuge seien umgekehrt, als sie von Flugzeugen der Armee bedrängt wurden. Bereits am Samstag hätten die IS-Kämpfer zudem 40 ehemalige Angehörige der irakischen Sicherheitskräfte getötet und ihre Leichen in den Tigris geworfen, so die Sprecherin.

Bislang konnten nach UN-Angaben etwa 17 500 Menschen aus den Kampfgebieten im Norden Iraks fliehen. Demnach werden Menschen aber von der Terrormiliz daran gehindert, Mossul zu verlassen. Insgesamt könnte es sein, dass bis zu eine Million Menschen fliehen müssen, heißt es seitens der UN.

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Anders als in Syrien kann der Konflikt im Irak nur militärisch gelöst werden. Die Anti-IS-Koalition muss ihre Glaubwürdigkeit im Umgang mit den Zivilisten beweisen.

Kommentar von Moritz Baumstieger

Irakische Armee erreicht Mossul

Einheiten der irakischen Armee sind inzwischen in Mossul eingedrungen. "Sie kämpfen nun im Viertel Karama", sagte der General der Anti-Terror-Einheit CTS, Wissam Aradschi. Der Vorstoß werde jedoch unterbrochen, um das Vorrücken anderer Einheiten an anderen Fronten abzuwarten. Zwischenzeitlich soll es den Elite-Soldaten gelungen sein, ein Gebäude des staatlichen Fernsehens in Mossul einzunehmen. Es wäre das erste bedeutende Gebäude, das die Armee seit Beginn der Offensive vor zwei Wochen in der vom IS gehaltenen Stadt erobert hat.

CTS-Soldaten hatten sich den Angaben zufolge auch bis an Gogdschali herangekämpft, ein Industriegebiet am östlichen Stadtrand. Nach Informationen der BBC leisten die Kämpfer des IS aber erbitterten Widerstand und beschießen die irakischen Soldaten mit Granaten und Schusswaffen. Nach Angaben eines Generalmajors der irakischen Armee haben sie zudem Explosionsschutzwände aus Beton aufgestellt, um den Stadtteil Karama abzuriegeln und den Vormarsch der Soldaten zu blockieren. Auch seien Bomben entlang der Straße in die Stadt platziert worden.

In der Umgebung von Mossul nahmen kurdische Milizen nach Angaben des irakischen Militärs fünf Ortschaften ein. Andere Armee-Einheiten rückten demnach vom Süden her auf die Stadt vor. Schiitische Milizen haben angekündigt, die Verbindung zwischen Mossul und Rakka in Syrien einzunehmen, um IS-Kämpfern den Fluchtweg abzuschneiden. Der türkische Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus sprach sich dafür aus, nach der Eroberung Mossuls umgehend einen Angriff auf Rakka zu beginnen. Die Stadt in Syrien gilt als Hauptstadt des vom IS ausgerufenen Kalifats.

Unterdessen haben türkische Streitkräfte Panzer und Artilleriegeschütze in die Nähe der irakischen Grenze verlegt. Ein Militärkonvoi mit etwa 30 Fahrzeugen, die vorwiegend Panzer und Geschütze transportieren, befand sich am Dienstag auf dem Weg zur Grenze, wie türkische Militärvertreter mitteilten. Der Konvoi habe am Nachmittag Ankara verlassen und sei in Richtung Silopi gefahren. Angaben zu den Gründen der Verlegung wurden zunächst nicht gemacht.Die türkische Armeeführung hat mehrfach erklärt, sich an der Mitte Oktober gestarteten Offensive zur Rückeroberung Mossuls zu beteiligen. Die Regierung in Bagdad lehnt das ab.

Der irakische Regierungschef Haidar al-Abadi hat die in Mossul kämpfenden Mitglieder der Terrormiliz zur Aufgabe aufgefordert. Sie werden keinen Fluchtweg aus der Stadt haben, sagte er bei einer Rede im Staatsfernsehen, bei der er einen Kampfanzug trug. Die IS-Kämpfer sollten sich deshalb ergeben. "Entweder sie sterben oder sie geben auf", sagte Al-Abadi.

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Dorf für Dorf kämpfen sich die kurdischen Kämpfer bei Mossul gegen den Islamischen Staat voran. Die schlimmste Waffe des Gegners sind Selbstmordattentäter.

Von Paul-Anton Krüger

Die Regierungstruppen hatten am 17. Oktober ihre Offensive gestartet und zunächst die Umgebung der immer noch etwa 1,5 Millionen Einwohner zählenden Stadt vom IS erobert. An der Seite der Armee kämpfen auch kurdische Milizen. Aus der Luft werden sie von der US-geführten Anti-IS-Koalition unterstützt, zu der auch Deutschland gehört.

Der Vormarsch auf Mossul verlief teilweise schleppend, da die zahlenmäßig deutlich unterlegenen IS-Kämpfer zähen Widerstand leisteten. Vielfach stoppten Selbstmordattentäter mit Autobomben das Vorrücken der Armee oder der Milizen. Die Einnahme von Ortschaften wurde durch Heckenschützen, Sprengfallen und Verteidigungstunnel erschwert. Die IS-Kämpfer zünden auch immer mit Öl gefüllte Gruben an, um ihren Feinden durch den Ruß die Sicht zu nehmen.

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