Klimagipfel in Kopenhagen:Amerika spielt Konferenz herunter

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Die ganze Welt blickt auf den Klimagipfel. Die ganze Welt? Nein, die US-Medien haben andere Prioritäten. Nur dass Tannenbäume fehlen, stört dann doch.

Gesundheitsreform, Afghanistan-Einsatz, die Party-Crasher im Weißen Haus: Medial scheint in den USA kaum Platz zu sein für das Thema, das den Rest der Welt - oder zumindest den europäischen Teil - seit Tagen fest in seinen Bann zieht.

Weihnachtsbaum in Washington, im Hintergrund das Weiße Haus: Der skeptische Ton gegenüber der Klimakonferenz in Kopenhagen dominiert beinahe die gesamte Medienlandschaft - sofern überhaupt berichtet wird. (Foto: Foto: dpa)

Der Klimagipfel in Kopenhagen, bei dem in der entscheidenden Phase mehr als 100 Staats- und Regierungschefs anwesend sein werden, um über die Zukunft der Erde und mithin der Menschheit zu bestimmen - er ist in den US-Medien nur ein Thema von vielen.

Natürlich erlaubt die berühmteste Zeitung der Welt, die New York Times, es sich nicht, ohne einen Kommentar zum Auftakt des Klimas zu erscheinen. "Vor uns liegt eine wahre Ochsentour", heißt es in dem Editorial. "Niemand sollte erwarten, bei den Verhandlungen in Kopenhagen ein Abkommen zu erhalten, das den Planet retten wird."

Überhaupt: Der skeptische Ton dominiert beinahe die gesamte US-Berichterstattung. Das Politmagazin Politico lenkt die Aufmerksamkeit auf den innenpolitischen Streit um Klimaschutz-Zugeständnisse und warnt vor den Republikanern, die den "Climategate"-Skandal dafür nutzen könnten, Obama weiter zu attackieren.

"Grundlegende Veränderung in unserer Kultur"

Bei einem Hackerangriff auf die E-Mail-Server renommierter Klima-Institute hatten Unbekannte vor drei Wochen Tausende E-Mails und Dokumente aus den vergangenen 13 Jahren Forschung gestohlen und im Internet veröffentlicht. Der Inhalt dieser E-Mails: Die Experten diskutieren, wie mit Kritikern umgegangen werden soll, welche Studien auf welche Weise in Berichten des Weltklimarats IPCC aufgenommen werden oder wie sich Probleme beim Umgang mit Daten lösen lassen.

Ein Fest für die Klimaskeptiker - und für die Republikaner eine weitere Waffe, mit der sie ihre Totalopposition gegen sämtliche aus dem Weißen Haus kommenden Initiativen weiterführen können. "Das ist eine grundlegende Veränderung in unserer Kultur", zitiert Politico den Republikaner und Klimaskeptiker Marc Morano. "Warten Sie bis Januar oder Februar; Sie werden sehen, wie die Zahl derer, die an die globale Erwärmung glauben, in den Keller saust."

An den Zugängen des Nachrichtensenders Fox News und der Zeitung USA Today wird allerdings erkenntlich, dass sich nicht alle amerikanischen Medienmacher der Bedeutung des Themas bewusst sind.

Der konservative Nachrichtensender Fox News bietet zum Auftakt des Gipfels eine Geschichte darüber, dass die Organisatoren des Gipfels sämtliche Weihnachtsdekoration aus den Konferenzsälen verbannt haben. Weihnachtsbäume würden nicht aufgestellt, zitiert der Sender das dänische Außenministerium, weil die Neutralität der Vereinten Nationen gewahrt werden müsse. Übertitelt ist der Artikel mit "Bah Humbug - Christmas Trees Axed from Copenhagen Conference": Also: "Welch Unsinn! Weihnachtsbäume aus Kopenhagener Konferenz verbannt".

Die landesweit erhältliche USA Today lieferte eine Geschichte über Franziskaner-Schwester Joan Brown, die zum Klima-Gipfel gereist sei, um "spirituelle Präsenz nach Kopenhagen zu bringen". Joan Brown verkündet: "Es ist unsere Verpflichtung gegenüber unseren Nachkommen, eine Welt zu hinterlassen, die die Schönheit des Schöpfers ausstrahlt."

Die Nächstenliebe. Sie könnte eine Möglichkeit sein, die klimaskeptischen Amerikaner doch noch für das Thema zu begeistern.

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