Hochzeit von William und Kate:Promis mit Krone

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Selbst ein Livestream von Bunga-Bunga-Partys würde die Menschen nicht so interessieren wie die Hochzeit von William und Kate. Die Faszination der Monarchie lebt vom Mythos der Auserwähltheit. Doch die Nachkommen der Queen benehmen sich wie Popstars.

Wolfgang Koydl

Vielleicht hatte der eminente englische Verfassungstheoretiker Walter Bagehot recht, als er bemerkte, dass Monarchien interessant, Republiken aber langweilig seien. Darauf könnte man zwar erwidern, dass manche Politiker - Nicolas Sarkozy oder Silvio Berlusconi - aufregender und unterhaltsamer sind als Königin Elisabeth oder Belgiens König Albert.

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Skandalnudel "Fergie" und Prinz Ernst August von Hannover haben keine Hochzeitseinladung bekommen. Andere Promis - darunter ein deutscher Fürst - dürfen sich dagegen freuen: Sie sind live dabei beim Jawort des Jahres.

in Bildern.

Aber wenn am Freitag der Enkel der Queen, ein 29-Jähriger ohne besondere Qualitäten oder Talente, eine ebenso farblose junge Frau heiratet, werden weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen zusehen - fast jeder dritte Erdbewohner. Solche Quoten würde der italienische Cavaliere nicht mal mit einem Facebook-Livestream seiner Bunga-Bunga-Partys erzielen.

Mehr als 200 Jahre nachdem die Französische Revolution das Ende königlicher Herrschaft eingeleitet zu haben schien, gibt es nicht nur immer noch Monarchien, sie üben zudem anhaltende Faszination aus - auch und vor allem in Republiken wie den USA oder Deutschland. Die pessimistische Vermutung des 1952 gestürzten ägyptischen Königs Faruk jedenfalls ist nicht aufgegangen. Er hatte vorausgesagt, dass Ende des 20. Jahrhunderts nur fünf Könige überleben würden: die vier des Kartenspiels und der von England.

Vor dem Hintergrund des Spektakels in der Westminster-Abtei stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle eine Regierungsform im 21. Jahrhundert hat, die schon so alt ist wie die Menschheit. Schließlich werden sogar der Papst und der Dalai Lama durch eine Art von Wahl ermittelt, nur König oder Königin wird man weiterhin - in einer Art von Gen-Tombola - durch Geburt. Fähigkeiten wie emotionale und geistige Intelligenz, Menschenkenntnis oder politischer Scharfsinn wären zwar ein Bonus für den Monarchen; zwingend notwendig sind sie aber nicht.

Verteidiger der Monarchie wenden gerne ein, dass ein Präsident nie wie ein König über den Niederungen des Alltags schweben könnte. Das parteiische Gezerre, mit dem in der Bundesrepublik mitunter der nächste Bundespräsident ausgeknobelt wird, ist in der Tat kein inspirierendes Vorbild. Ja, man könnte argumentieren, dass einer Monarchie Peinlichkeiten wie Heinrich Lübke oder Kurt Waldheim erspart geblieben wären.

Andererseits hätten brillante Bürgerliche wie Gustav Heinemann oder Richard von Weizsäcker nie an der Spitze eines Königreichs gestanden. Und die Geschichte kennt viele Beispiele, dass man auch mit einem König danebengreifen kann - nur dass man einen Monarchen nicht so leicht loswird wie einen Präsidenten.

In England würden noch nicht einmal hart gesottene Republikaner Königin Elisabeth kritisieren. Sie macht, so das übereinstimmende Urteil, einen guten Job: unauffällig, unaufdringlich, ja mitunter unscheinbar. Doch viele Briten, unter ihnen auch Monarchisten, würden Charles als König nie akzeptieren. Er würde, so ihr Urteil, vorlaut, dummdreist und hochmütig der Institution Schaden zufügen.

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Skizzen

Die britische Königsfamilie ist sich dieser Stimmung wohl bewusst. Sie weiß, dass die Zustimmung, die Meinungsforscher regelmäßig für die Monarchie ermitteln, weniger der Institution gilt, als der Person Elisabeths. Ist sie einmal nicht mehr da, könnten auch die vermeintlich königstreuen Briten einen Königssturz anzetteln. Ähnlich sieht es in anderen Monarchien aus: Auch ihr Überleben hängt vom jeweiligen Personal ab.

Bunte Hochzeitspektakel kriegen Prominente und Royals immer noch am besten hin. Qualifiziert für Staatsämter sind sie weniger. (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Doch woher rührt die Attraktivität von Königen in Ländern, die ihre Monarchien längst abgeschafft haben? Vermutlich ist sie ein Ausfluss des Überdrusses gegenüber gewählten Politikern. Sie gelten pauschal als unaufrichtig oder habgierig, sie stehen nicht immer zu ihren Überzeugungen oder werfen sie völlig über Bord.

Mit anderen Worten: Sie sind Menschen wie du und ich und daher hervorragend geeignet, jene Menschen zu repräsentieren, die sie gewählt haben. Königen indes haftet noch immer ein wenig vom alten Mythos der Auserwähltheit an. Auch wenn man weiß, dass kein blaues Blut in ihren Adern fließt, so wünscht man sich doch, dass sie edler sein mögen als gewöhnliche Sterbliche. Der Selbstbetrug funktioniert, solange der Monarch wirklich ein der Gesellschaft entrücktes mythisches Fabeltier zu sein scheint.

Die Queen, bald 60 Jahre auf dem Thron, ist so ein Wesen wie nicht von dieser Welt. Aber ihre Nachkommen - das gilt auch für andere Königshäuser - haben den Ruch der Unantastbarkeit verloren.

Sie sind sehr wohl dieser Welt und ihren Verlockungen zugewandt. Sie sind Menschen mit zu viel Geld und Freizeit, exzentrischen Hobbys und ausschweifenden Partygewohnheiten. Anders gesagt: Royals benehmen sich wie Starlets, Kicker oder Popsänger.

Qualifiziert für Staatsämter sind Prominente indes ebenso wenig wie Prinzen. So langweilig sie sein mögen, am besten erledigen Politiker diese Aufgabe. Denn sie haben freiwillig diesen undankbaren und oft frustrierenden Job gewählt, nicht immer nur aus Eitelkeit, sondern häufig auch aus Pflichtbewusstsein und dem aufrichtigen Wunsch, Dinge verändern und verbessern zu wollen. Gut, bunte Hochzeitsspektakel kriegen sie nicht so gut hin. Die sollten sie den Experten überlassen - Promis mit und ohne Krone.

© SZ vom 31.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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