Angeben für Anfänger:Adel verrichtet

Alles andere als plötzlich heiratet Prinz William an diesem Freitag seine Kate Middleton. Und die Welt steht Kopf. Müssen wir jetzt mitweinen? Lernen Sie mitzureden über: Adelshochzeiten. Die Aufschneider-Kolumne.

Daniela Otto

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kate Middleton

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Von "Plötzlich Prinzessin" kann keine Rede sein: Nach mehr als acht Jahren Beziehung heiratet Prinz William am 29. April seine Kate Middleton. Und die Welt steht Kopf. Müssen wir jetzt alle mitweinen? Lernen Sie mitzureden über: Adelshochzeiten. Die Aufschneider-Kolumne.

Was ist das?

Dies ist die Hand Kate Middletons, die bei schlechtem Wetter einen Regenschirm hält. An und für sich wäre das noch nicht sonders spektakulär, denn es regnet ja oft in England - wenn da nicht dieser bombastische Verlobungsklunker an ihrem zarten Ringfinger prangte: Er gilt als ihre exklusive Eintrittskarte in die Welt der Adeligen - und davon gibt es ja nicht mehr so viele. Ganz nebenbei gehörte der Ring einst ihrer verstorbenen Schwiegermutter, Lady Diana. Auch die musste noch viel lernen, als sie in die Royal Family einstieg. Hier also ein paar Grundregeln zum Einheiraten in adelige Höhen:

Das System Adel funktioniert primär über das Prinzip der Differenz. Der wichtigste Unterschied: Eine Adelshochzeit (mit kurzem "o") ist nicht dasselbe wie eine Adels-Hochzeit (mit einem langem "o"), ist also kein Synonym für eine Blütezeit der Blaublüter. Der Mangel an Letzterem bedingt eine Konjunktur des Ersten, oder, anders formuliert: Weil es für den spezifischen Menschenschlag Adel schwer zu akzeptieren ist, dass im Jahr 2011 die Existenz einer Monarchie kein elementares bürgerliches Grundbedürfnis mehr darstellt, wird alles getan, um dem Aussterben dieser seltenen Spezies entgegenzuwirken: Man heiratet. Am liebsten immer noch untereinander.

Und schon wird das nächste Prinzip der Unterscheidung fällig:

Ein Adeliger ist kein Bürgerlicher. Nichtsdestotrotz steht der Adelige als Mitglied eines elitären, privilegierten Klubs in einem bizarren Abhängigkeitsverhältnis zum Normalsterblichen. Ohne Pöbel kein Monarch. So einfach ist das. Selbst im Zeitalter von Wikileaks, Wutbürgertum und Weblogs ist also die Einheiratung einer Bürgerlichen, wie im Fall Kate Middletons, noch ein mittelgroßes Skandälchen. Denn:

Eine Heirat unter Adeligen ist nicht das Gleiche wie eine Eheschließung zwischen Adel und Bürgertum. Diente einst die innerfamiliäre Heirat unter Adligen dazu, sich relativ bequem dynastisch ausbreiten zu können, ohne gleich ein ganzes Heer an bürgerlichen Soldaten bei narzisstisch motivierten Reichsexpansionsbestrebungen zu verheizen, so hat man heute immerhin dazugelernt und erkannt: Irgendwoher müssen ja die vielen Hasenscharten und Tobsuchtsanfälle stammen. Daher hat sich inzwischen herumgesprochen:

Eine Heirat zwischen Bürgertum und Adel ist nicht nur gesünder. Sie ist auch viel romantischer.

Und obwohl Prinzessinnen regelmäßig als essgestört (Diana, Victoria, Letizia, Beatrice), geschieden (Diana, Fergie), vom Scheinwerferlicht verbrannt (Mette-Marit), oder als von Paparazzi zu Tode gejagt gelten (Diana), ist der Aschenputtel-Kleinmädchentraum offenbar immer noch ungebrochen.

Text und Bildauswahl: Daniela Otto/ sueddeutsche.de/rus

Gsell & von Hohenzollern Photocall in Bed

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So machen Sie sich lächerlich:

Falls Sie darin noch üben müssen, lassen Sie am besten Ihre geheimen Liebestelefonate mit ihrer außerehelichen Affäre abhören und die Welt nicht nur wissen, dass die ganze Märchenhochzeit eine Farce war, sondern auch, dass Sie gerne ein Tampon wären, wie dies einst Prinz Charles seiner Geliebten Camilla in den Hörer hauchte.

Wenn sie erst noch adelig werden möchten und weiblich sind, also selbst eine Adelshochzeit feiern wollen, tun sie dies am besten auf öffentlichem Wege. Besonders gut bieten sich hierfür Realityshows an. Als maximales Vorbild sollten Sie sich Millionärswitwe Tatjana Gsell nehmen, die sich 2006 bei der Show Tatjana & Foffi - Aschenputtel wird Prinzessin dabei von Fernsehteams und Teilen der Öffentlichkeit begleiten ließ, wie sie sich an den Hohenzollernspross Ferfried Maximilian Pius Meinrad Maria Hubert Michael Justinus heranmachte. Alternativ dazu können Sie bei Gräfin gesucht kandidieren. Und sich absolut darauf verlassen, dass jeder, aber wirklich auch jeder der Millionen von Zuschauern weiß, dass dieses Format viel niveauvoller als Bauer sucht Frau ist.

Dass die Sendung wegen Misserfolgs eingestellt wurde, muss Ihnen ja nichts ausmachen. Eine kleine Möchtegern-Adels-Demo zur Rückkehr des bahnbrechenden Formats mit dem Untertitel Adel auf Brautschau ins Sat1-Programm ist schnell organisiert - vielleicht schließen Sie sich mit den Damen und Herren zusammen, die schon so leidenschaftlich für die Rückkehr von Guttenberg auf die Straße gingen?

Stefano Gizzi

Quelle: AP

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So schinden Sie Eindruck:

Auch hier gilt für den Bürgerlichen anderes als für den Adel: Sind Sie nicht blauen Blutes, ist es zu empfehlen, sich vor allem in Intellektuellenkreisen in blanker Unkenntnis zu wiegen - selbst wenn das Fernsehen mit der aktuellen Adelshochzeit aus allen Kanälen schießt. Einmal völlig ahnungslos sein zu können, sollten Sie genießen, denn dass Nichtwissen besser als Wissen ist, kommt gerade in gebildeten Zirkeln selten vor - in diesem speziellen Fall aber umso mehr. Diesmal gilt strikt die Regel: "Si tacuisses, philosophus mansisses". Googeln Sie das bei Bedarf. Erhalten Sie unbedingt Ihre hart antrainierte Aura der Allwissenheit, und bekennen Sie nicht, dass Sie wissen, wer der Trauzeuge war, wer das Brautkleid designt hat, oder wer überhaupt die Braut war. Das würde den gleichen niederschmetternden Eindruck machen wie die Kenntnis über die aktuellen Kandidatinnen bei Germany's Next Topmodel oder die Rausflieger bei Deutschland sucht den Superstar.

Wenn sie hingegen adelig und auf eine Hochzeit geladen sind, können Sie es wie Dan Brown halten, für Zündstoff sorgen und das Brimborium ein wenig anthrillern: Toppen Sie Ihre Abstammung noch mit einem Sahnehäubchen und denken Sie sich eine besonders exquisite Blaublüterlinie aus, mit der Sie im Zweifelsfall noch verschwägert sein könnten. Dafür können Sie an Ihre gewiss ohnehin schon sehr lange Vornamensliste noch ein paar weitere Namen hinzufügen. Dauerbrenner sind hierbei Chlodwig, Balduin oder Wenzel. Alternativ können Sie auch mit Vespasian, Diocletian oder Odoaker punkten. Am besten aber kommt immer noch Overstatement an: "Wie, Sie stammen nicht von Jesus ab?" Wenn Sie Junggeselle sind, ließe sich Ihr Marktwert in den passenden Kreisen dadurch eventuell noch ein wenig steigern.

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Quelle: AP

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Zitieren Sie:

Wenn Sie adelig sind, am besten erst einmal richtig.

Ansonsten eine, die es wissen musste: Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als "Sisi". Die konnte nämlich in Wirklichkeit mehr als nur ihren Franz anschmachten. Eigentlich war sie ja Undercoveragentin im Auftrag des gemeinen Volkes. Ihr Fazit nach ihrer Adelshochzeit mit Kaiser Franz Joseph von Österreich:

"Ihr lieben Völker im weiten Reich, so ganz im Geheimen bewundre ich euch: Da nährt ihr mit eurem Schweiße und Blut gutmütig diese verkommene Brut."

In diesem Sinne: Bis nächste Woche!

© sueddeutsche.de/dato
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