Von "Plötzlich Prinzessin" kann keine Rede sein: Nach mehr als acht Jahren Beziehung heiratet Prinz William am 29. April seine Kate Middleton. Und die Welt steht Kopf. Müssen wir jetzt alle mitweinen? Lernen Sie mitzureden über: Adelshochzeiten. Die Aufschneider-Kolumne.
Was ist das?
Dies ist die Hand Kate Middletons, die bei schlechtem Wetter einen Regenschirm hält. An und für sich wäre das noch nicht sonders spektakulär, denn es regnet ja oft in England - wenn da nicht dieser bombastische Verlobungsklunker an ihrem zarten Ringfinger prangte: Er gilt als ihre exklusive Eintrittskarte in die Welt der Adeligen - und davon gibt es ja nicht mehr so viele. Ganz nebenbei gehörte der Ring einst ihrer verstorbenen Schwiegermutter, Lady Diana. Auch die musste noch viel lernen, als sie in die Royal Family einstieg. Hier also ein paar Grundregeln zum Einheiraten in adelige Höhen:
Das System Adel funktioniert primär über das Prinzip der Differenz. Der wichtigste Unterschied: Eine Adelshochzeit (mit kurzem "o") ist nicht dasselbe wie eine Adels-Hochzeit (mit einem langem "o"), ist also kein Synonym für eine Blütezeit der Blaublüter. Der Mangel an Letzterem bedingt eine Konjunktur des Ersten, oder, anders formuliert: Weil es für den spezifischen Menschenschlag Adel schwer zu akzeptieren ist, dass im Jahr 2011 die Existenz einer Monarchie kein elementares bürgerliches Grundbedürfnis mehr darstellt, wird alles getan, um dem Aussterben dieser seltenen Spezies entgegenzuwirken: Man heiratet. Am liebsten immer noch untereinander.
Und schon wird das nächste Prinzip der Unterscheidung fällig:
Ein Adeliger ist kein Bürgerlicher. Nichtsdestotrotz steht der Adelige als Mitglied eines elitären, privilegierten Klubs in einem bizarren Abhängigkeitsverhältnis zum Normalsterblichen. Ohne Pöbel kein Monarch. So einfach ist das. Selbst im Zeitalter von Wikileaks, Wutbürgertum und Weblogs ist also die Einheiratung einer Bürgerlichen, wie im Fall Kate Middletons, noch ein mittelgroßes Skandälchen. Denn:
Eine Heirat unter Adeligen ist nicht das Gleiche wie eine Eheschließung zwischen Adel und Bürgertum. Diente einst die innerfamiliäre Heirat unter Adligen dazu, sich relativ bequem dynastisch ausbreiten zu können, ohne gleich ein ganzes Heer an bürgerlichen Soldaten bei narzisstisch motivierten Reichsexpansionsbestrebungen zu verheizen, so hat man heute immerhin dazugelernt und erkannt: Irgendwoher müssen ja die vielen Hasenscharten und Tobsuchtsanfälle stammen. Daher hat sich inzwischen herumgesprochen:
Eine Heirat zwischen Bürgertum und Adel ist nicht nur gesünder. Sie ist auch viel romantischer.
Und obwohl Prinzessinnen regelmäßig als essgestört (Diana, Victoria, Letizia, Beatrice), geschieden (Diana, Fergie), vom Scheinwerferlicht verbrannt (Mette-Marit), oder als von Paparazzi zu Tode gejagt gelten (Diana), ist der Aschenputtel-Kleinmädchentraum offenbar immer noch ungebrochen.
Text und Bildauswahl: Daniela Otto/ sueddeutsche.de/rus