G-7-Gipfel:Merkel hält USA für nicht mehr verlässlich

  • "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen", sagte die Kanzlerin.
  • Zuvor war ein Treffen der Industriestaaten-Gruppe G 7 auf Sizilien ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen.
  • Die Sechser-Gruppe hatte bei dem Gipfel vergeblich versucht, US-Präsident Donald Trump von den Chancen einer entschlossenen Klimapolitik zu überzeugen.

Von Michael Bauchmüller

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt kein Vertrauen mehr in die transatlantischen Beziehungen. "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei", sagte Merkel am Sonntag in München. "Das habe ich in den letzten Tagen erlebt." Die EU-Staaten müssten mehr als bisher für ihre eigene Zukunft kämpfen. "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen", sagte die CDU-Vorsitzende bei einem gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit CSU-Chef Horst Seehofer.

Zuvor war nach einem wenig harmonischen Nato-Gipfel auch ein Treffen der Industriestaaten-Gruppe G 7 auf Sizilien ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen. Namentlich in der Klimapolitik hatten sich die USA und die übrigen sechs Staaten nicht auf eine gemeinsame Formel verständigen können. Stattdessen hält die Schlusserklärung explizit die unterschiedlichen Haltungen fest. Die EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien wie auch Japan und Kanada bekräftigen darin ihr "starkes Bekenntnis", den Klimavertrag von Paris "rasch" umzusetzen. Die USA blieben vollkommen isoliert.

Die Sechser-Gruppe hatte bei dem Gipfel vergeblich versucht, US-Präsident Donald Trump von den Chancen einer entschlossenen Klimapolitik zu überzeugen. Merkel, die noch vorige Woche auf ein Einsehen Trumps gehofft hatte, äußerte sich nach den Gesprächen enttäuscht. Die Klima-Debatte sei "sehr unzufriedenstellend" verlaufen, sagte sie. Zu Fragen des Freihandels hatten sich die USA und die übrigen G-7-Staaten nur mit Mühe einigen können, auch beim Umgang mit Flüchtlingen blieb die Schlusserklärung hinter den Erwartungen zurück. Hilfsorganisationen sprachen von einem "Desaster", Trump selbst dagegen lobte in einer Rede kurz nach dem Treffen die "großen Fortschritte hin zu sehr, sehr wichtigen Zielen".

Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, den Klimavertrag aufzukündigen

Derweil wächst international die Besorgnis, die USA könnten sich aus dem Klimavertrag von Paris zurückziehen. Unmittelbar nach dem Gipfel hatte Trump per Twitter mitgeteilt, er wolle darüber noch diese Woche entscheiden. "Hoffentlich trifft Präsident Trump die richtige Entscheidung für das Weltklima", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) der Süddeutschen Zeitung. Andernfalls vergäben die USA die Chance, "an den Regeln für die Märkte der Zukunft mitzuschreiben".

Medien in den USA hatten berichtet, Trump werde aus dem Vertrag aussteigen. Dies habe er Vertrauten mitgeteilt, hieß es beim Nachrichtenportal Axios. Der Klimavertrag war 2015 in Paris ausgehandelt worden, Trumps Vorgänger Barack Obama hatte ihn ratifiziert. Er verpflichtet die Staaten darauf, die Erderwärmung wirksam zu begrenzen. Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, den Vertrag zu kündigen; dieser sei "schlecht für die US-Wirtschaft". Eine endgültige Entscheidung darüber schiebt er aber seit Wochen vor sich her.

Zuletzt hatten 22 republikanische Senatoren den Ausstieg aus dem Klimavertrag verlangt. Andernfalls drohten "signifikante rechtliche Risiken" bei der geplanten Aufweichung der US-Klimagesetze. Besser sei ein "sauberer Bruch" mit dem Abkommen.

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