Frankreich:Prügel für Mauerspecht Sarkozy

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Er sei am Abend des Mauerfalls in Berlin gewesen, verbreitet Frankreichs Präsident via Facebook. Doch jetzt gibt es Zweifel am Datum des Beweisfotos.

Die meisten Europäer wissen, wo sie am 9. November 1989 waren. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hingegen scheint in der Beziehung gewisse Gedächtnislücken zu haben - und steht deshalb im Verdacht der Geschichtsklitterei.

Das Foto, das der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte, zeigt den damals 34-Jährigen samt Pickel an der Berliner Mauer. Die Frage ist nur: Stand Sarkozy am 9. oder erst am 16. November dort? (Foto: Foto: AFP)

Sarkozy hatte sich auf seinem Facebook-Profil gerühmt, am Abend des 9. Novembers vor 20 Jahren mit einem Pickel in der Hand an der Berliner Mauer gestanden und eifrig mitgehackt zu haben. Am Montag kamen aber Zweifel an seiner Geschichte auf: Mehrere französische Medien dokumentierten, dass dies nicht der Wahrheit entsprechen könne und Sarkozy wohl erst am 16. November nach Berlin gereist war.

Der Élysée beteuerte am Vormittag noch, dass der damals 34-Jährige sehr wohl am 9. November in Berlin war. Später war der Sprecher nicht mehr zu erreichen.

Mit Alain Juppé am Checkpoint Charlie

Auf Facebook hatte Sarkozy am Wochenende ein Foto veröffentlicht, dass ihn mit einem Werkzeug in der Hand an einem bunt besprühten Mauerstück zeigt. Dazu schrieb er, er sei gemeinsam mit seinem Parteifreund Alain Juppé am 9. November nach Berlin gereist, "um bei dem Ereignis dabeizusein, das sich ankündigte".

"Wir sind dann zum Checkpoint Charlie gezogen, um auf die Ostseite der Stadt zu wechseln und endlich diese Mauer zu sehen, auf die wir einige Pickelhiebe geben konnten. Um uns versammelten sich Familien, um gegen den Beton zu schlagen", heißt es weiter.

Bei Sarkozys Begleiter Juppé, der heute Bürgermeister von Bordeaux ist, gingen die Daten wild durcheinander. In einem Interview sagte er kürzlich, dass er "am 10. oder 11. November" nach Berlin gereist sei. In einer Biografie heißt es, es sei erst der 16. November gewesen.

Auf seinem Blog betonte er erst, er sei wie Sarkozy am historischen 9. November in Berlin gewesen. Später fügte er hinzu, dass er sich an das genaue Datum nicht mehr erinnern könne. Auf die Frage, welches Datum denn nun stimme, sagte sein Sprecher: "Eines davon."

Aus dem Archiv der Zeitung Le Figaro geht hervor, dass Juppé am 9. November bei einer Gedenkfeier für General Charles de Gaulle war und am 16. nach Berlin reiste. Anschließend habe er erklärt, dass es sich um ein historisches Ereignis handle, "vor dem man keine Angst haben muss".

Auf Sarkozys Facebook-Profil mehrten sich unterdessen bissige Kommentare. "Lügner", schimpfte einer. "Was fällt Ihnen ein, die Geschichte umzuschreiben?", meinte ein anderer.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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