Türkei:Gauck verurteilt "Attacke auf Pressefreiheit"

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Einkleiden für Deniz Yücel: Ein Demonstrant am Dienstag in Berlin. (Foto: dpa)
  • Der Fall Deniz Yücel schlägt in Deutschland hohe Wellen. Bundespräsident Gauck sagte, es gebe "erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will".
  • Politiker von Grünen, CSU und FDP forderten, als Konsequenz aus der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten türkischen Politikern Auftritte in Deutschland zu verwehren.

Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel sorgt in Deutschland für anhaltende Kritik. Noch-Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich am Dienstagabend in abgewogenen Worten zu dem Fall. "Wir können in Deutschland nicht nachvollziehen, warum diese Attacke auf die Pressefreiheit notwendig ist. Uns fehlt das Verständnis", sagte Gauck vor Korrespondenten ausländischer Medien im Schloss Bellevue.

"Was derzeit in der Türkei passiert, weckt erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will", betonte der Bundespräsident. Er sei sehr besorgt. Jede Regierung in Deutschland werde immer ein Anwalt der Pressefreiheit sein - "und auch der Präsident", sagte Gauck, der am 18. März aus dem Amt scheidet.

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Politiker für Einreiseverbot für Erdoğan

Mehrere Politiker forderten als Konsequenz aus dem Fall, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan einen angeblich geplanten Auftritt vor Anhängern in Deutschland zu verwehren. Die Bundesregierung müsse ein Einreiseverbot für Erdoğan und die türkische Regierung in Deutschland verhängen, sagte die Linken-Politikerin Sevim Dağdelen der Bild-Zeitung. "Sie dürfen hier keinen Wahlkampf für Diktatur und Todesstrafe machen", sagte sie mit Blick darauf, dass Erdoğan bei einem Auftritt wohl für die von ihm vorangetriebene Einführung des Präsidialsystems werben würde. Dazu gibt es im April ein Referendum in der Türkei.

Dağdelen forderte außerdem, die Möglichkeit von Sanktionen zu prüfen und die Verhandlungen über einen EU-Beitritt und eine Ausweitung der Zollunion sofort auf Eis zu legen sowie die Bundeswehr aus dem Land abzuziehen.

Auch der CSU-Außenexperte Hans-Peter Uhl fordert Konsequenzen. Ein Wahlkampfauftritt Erdoğans in Deutschland komme überhaupt nicht in Frage - "erst recht nicht nach dem Fall Yücel", sagte er der Bild-Zeitung. Mit seiner autokratischen und antidemokratischen Politik und seinem umstrittenen Referendum für eine Präsidial-Diktatur treibe Erdoğan die Türkei "in den Ruin". Die Festnahme Yücels sei unverhältnismäßig. Der Journalist müsse sofort freikommen.

FDP-Chef Christian Lindner sprach sich ebenfalls für ein Einreiseverbot für türkische Regierungsmitglieder aus. "Wenn die Regierung Erdoğan nicht zu einem kooperativen Verhältnis und europäischen Werten zurückkehrt, sollten ihren Vertretern die Einreise zu öffentlichen Auftritten bei uns verwehrt werden", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

© SZ.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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