Entschluss des Bundestags zur Beschneidung:Legal und möglichst schmerzfrei

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Das Ziel des Entschließungsantrages von Koalition und SPD ist klar: Die religiöse und fachmännische Beschneidung bei Jungen soll per Gesetz legalisiert werden - und zwar schnell. Jüdisches und muslimisches Leben "müsse weiterhin in Deutschland möglich sein". Die Linke fühlt sich übergangen, die Grünen kritisieren ein "Hauruckverfahren".

Daniel Brössler

Im Konflikt über die Beschneidung von Jungen will der Bundestag schnell für Rechtssicherheit sorgen. In einer Entschließung forderte das Parlament die Bundesregierung am Donnerstag auf, im Herbst 2012 einen Gesetzentwurf vorzulegen, "der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist".

Die von CDU/CSU, FDP und SPD eingebrachte Resolution wurde mit großer Mehrheit bei einer Reihe von Gegenstimmen und Enthaltungen beschlossen.

Auslöser der Initiative ist ein Urteil des Landgerichts Köln, das erhebliche Sorge bei Juden und Muslimen in Deutschland ausgelöst hat. Darin war die Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet worden.

Sowohl im Judentum als auch im Islam ist die Beschneidung von Jungen von größter Bedeutung. Der vom Bundestag angemahnte Gesetzentwurf soll nun "unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung" klarstellen, dass Beschneidungen weiter legal durchgeführt werden können.

Nicht unterstützt wurde die Initiative von der Linken. Als "sehr problematisch" bezeichnete es Vize-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, dass ihre Partei nicht in die Vorbereitung eingebunden worden sei. Der Linken-Abgeordnete Jens Petermann schlug vor, Beschneidungen bei Säuglingen nur symbolisch vorzunehmen.

Widerstand gab es allerdings auch bei Grünen und SPD. Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte die Eile. "Wir finden, dass dieses Hauruckverfahren nicht angemessen ist", sagte sie. Deshalb habe ihre Fraktion den Antrag nicht zusammen mit der Koalition und der SPD eingebracht. Nötig seien eine "intensive Debatte und juristische Abwägung". Die SPD-Abgeordnete Marlene Rupprecht beklagte die Missachtung von Kinderrechten.

Verunsicherung der Ärzte

Jüdisches und muslimisches Leben müsse "weiterhin in Deutschland möglich sein", heißt es in der Begründung der Entschließung. Verwiesen wird auch auf die Verunsicherung der Ärzte, "ob sie strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie künftig Beschneidungen vornehmen". Die Beschneidung stelle "einen irreversiblen Eingriff in die körperliche Integrität" des Kindes dar. "Eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Beschneidung liegt nicht vor", betonte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck.

Die Beschneidung männlicher Kinder sei "nicht vergleichbar mit nachhaltig schädlichen und sittenwidrigen Eingriffen in die körperliche Integrität von Kindern und Jugendlichen wie etwa die weibliche Genitalverstümmlung", heißt es in der Begründung der Entschließung. Die "schauerliche" Praxis der Genitalverstümmelung werde verurteilt, betonte der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer.

Der Beschluss zeigt, dass wir in einem toleranten und weltoffenen Land leben", lobte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Rabbiner und Vertreter jüdischer Organisationen hatten eindringlich gewarnt, dass jüdisches Gemeindeleben in Deutschland unmöglich werde, sollten Beschneidungen verboten werden. Jüdische Jungen werden seit Jahrtausenden am achten Lebenstag beschnitten. Das Ritual erinnert an den heiligen Bund, den Gott mit dem Stammvater Abraham geschlossen hat.

© SZ vom 20.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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