England:Ex-Agent Skripal und seine Tochter wurden wohl Opfer von Nervengift

Counter-terror Police Take Charge Of Suspected Poisoning Case

Britische Polizeibeamte stehen vor dem italienischen Restaurant in Salisbury, in dem Sergej Skripal und seine 33-jährige Tochter Julia möglicherweise vergiftet wurden.

(Foto: Getty Images)
  • Sergej Skripal und seine Tochter Julia wurden höchstwahrscheinlich Opfer von Nervengift, teilt die britische Anti-Terror-Einheit mit.
  • Der ehemalige russische Doppelagent und seine 33-jährige Tochter befinden sich in kritischem Zustand im Krankenhaus.
  • Russland bestreitet eine Verwicklung in den Fall.

Der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia sind höchstwahrscheinlich Opfer von Nervengift geworden. Das teilte der Chef der britischen Anti-Terror-Einheit, Mark Rowley, in London mit. Es werde wegen versuchten Mordes ermittelt. Die beiden seien "gezielt angegriffen" worden. Auch ein Polizeibeamter, der die beiden behandelt hat, befinde sich inzwischen in einem lebensbedrohlichen Zustand, sagte Rowley.

Zuvor hatte sich die britische Regierung mit der Sache befasst. Innenministerin Amber Rudd sagte nach einer Sitzung des Krisenkomitees Cobra, man müsse in dem mysteriösen Fall auf Beweise reagieren und nicht auf Gerüchte. "Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren", sagte sie. Doch die Erkenntnisse der britischen Polizei dürften Spekulationen weiter anheizen, der Kreml könne seine Hände bei dem mutmaßlichen Giftanschlag im Spiel haben.

Der 66-jährige Ex-Agent Sergej Skripal und seine 33-jährige Tochter Julia befinden sich in kritischem Zustand im Krankenhaus. Sie waren am Sonntag zusammengesackt auf einer Bank nahe einem Einkaufszentrum in der Stadt Salisbury im Süden Englands gefunden worden. Die Anti-Terror-Polizei ermittelt in dem Fall, es wird aber derzeit nicht von einem Terrorvorfall gesprochen. Die britischen Behörden haben den Geschäftspark Solstice Park in Amesbury nahe der bekannten Welterbestätte Stonehenge abgeriegelt. Amesbury liegt in der Nähe von Salisbury.

Skripal wurde 2006 wegen Spionage für Großbritannien verurteilt

Spekuliert wird, wer hinter der mutmaßlichen Vergiftung der beiden steckt. Skripal arbeitete früher für den russischen Militärgeheimdienst GRU. Er wurde 2006 wegen Spionage für Großbritannien verurteilt und inhaftiert. 2010 kam er im Rahmen eines Agentenaustauschs frei. Die USA willigten ein, zehn Mitglieder einer russischen Schläferzelle in Amerika zu übergeben, dafür, dass im Gegenzug vier wegen Spionage für den Westen verurteilte Russen frei kamen.

Der Fall erinnert an die tödliche Vergiftung des früheren Spions Alexander Litwinenko 2006 in London, für die der russische Staat verantwortlich gemacht wurde. Russland hat eine Verwicklung in diesen Fall bestritten. Im aktuellen Fall hat Russland betont, dass es nicht in die mutmaßliche Vergiftung Skripals involviert sei.

Dennoch hat die Sache bereits zu einem diplomatischen Schlagabtausch zwischen Moskau und London geführt. Der britische Außenminister Boris Johnson hatte am Dienstag eine "angemessene und robuste" Reaktion angekündigt, sollte sich der Verdacht auf eine staatliche Rolle in dem Fall erhärten. Kein Versuch, auf britischem Boden unschuldiges Leben zu nehmen, werde ohne Sanktionen oder ungestraft bleiben, sagte Johnson kaum verhohlen an Moskau gerichtet. Das Außenministerium in Moskau warf den britischen Behörden eine russlandfeindliche Kampagne vor. Noch vor Klärung der Fakten würden Vorwürfe gegen Russland erhoben, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa.

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