Einwanderung:CDU in der Zange

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Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel im ARD-Sommerinterview. (Foto: AFP)

Merkels Partei wird beim Thema Einwanderung von rechts und links herausgefordert. Sie braucht eine Haltung. Mittig durchsegeln geht nicht mehr lange.

Von Stefan Braun, Berlin

Das Leben meint es mit der CDU derzeit nicht besonders gut, jedenfalls wenn man sich die Folgen der aktuellen Flüchtlingskrise betrachtet. Auf der einen Seite wird die CDU, anders als vor wenigen Jahren, gleich von mehreren rechten Parteien herausgefordert. Parteien, die zynisch darauf warten, dass bei der Aufnahme der vielen Menschen Probleme auftreten, aus denen sie politisch Kapital schlagen können.

Auf der anderen Seite haben Unternehmer, Handwerker und Geschäftsleute begonnen, die CDU schon fast links zu überholen, indem sie regelmäßig Erleichterungen für die Aufnahme und Ausbildung von Flüchtlingen und Einwanderern fordern. Sie wollen den Folgen eines immer dramatischeren demografischen Wandels begegnen. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass die Flüchtlinge und das Thema Einwanderung bei der Wahl 2017 eine entscheidende Rolle spielen werden.

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Für die CDU hat das schwerwiegende Folgen. Auch die sonst so geschmeidige Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird bei diesen Themen nicht mehr mittig hindurchsegeln können. Sie wird eine Haltung brauchen. Sie wird neben das Asylrecht ein Einwanderungsgesetz stellen müssen - auch wenn es in den Reihen der Christdemokraten noch immer viele gibt, die ein solches Gesetz ablehnen.

Kommt ein Einwanderungsgesetz, so entlastet das auch das Asylrecht

Wer die Rufe aus der Wirtschaft nicht absichtlich ignoriert, weiß längst, wie groß der Bedarf an Nachwuchs, an Facharbeitern und Ingenieuren ist, um Deutschlands Wohlstand und seine soziale Möglichkeiten aufrechtzuerhalten. Und wer sich dies unvoreingenommen bewusst macht, kann es nicht mehr für richtig halten, dass Menschen, die Deutschland braucht und die hierher kommen wollen, den Weg über Einzelbestimmungen, Ausnahmen und Sonderregelungen finden müssen, um an ihr Ziel zu gelangen.

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Die besonders Qualifizierten werden nur kommen, wenn sie sich nach Deutschland auch wirklich eingeladen fühlen. Und die besonders Bedürftigen werden nur dann nicht den Weg über das Asylrecht suchen, wenn ein Einwanderungsgesetz für sie eine echte Alternative bereithält. Mit anderen Worten: Gerade derjenige, der das Asylrecht für politisches Asyl stärken möchte, darf die Trennlinien zur übrigen Einwanderung nicht länger durch tausend Ausnahmen und Sonderregeln im Nebulösen belassen. Er muss sie klar definieren.

Dass sich die CDU-Führung dem nun Schritt für Schritt nähert, ist gut. Bislang allerdings sind die Formulierungen zu unklar, um die Partei für einen Aufbruch zu loben. Zumal es nicht nur darum gehen wird, ein Gesetz zu formulieren. Seine Wirkung wird das Gesetz nur entfalten, wenn die Partei und ihre Funktionäre auch offensiv dafür eintreten. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte zu Beginn der Debatte vorgeschlagen, in deutschen Botschaften die Stelle von Einwanderungsattachées einzurichten. So richtig die Idee ist - wahrscheinlich wird seine Partei solche Attachées zunächst vor allem in den eigenen Reihen brauchen.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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