Debatte im Bundestag über Rettungsschirm:Gabriel wirft Merkel "Euro-Populismus" vor

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Der Euro-Rettungschirm soll kommen, darin sind sich Opposition und Bundesregierung einig. Trotzdem streiten sie im Bundestag heftig. Der SPD-Vorsitzende Gabriel wirft dem Finanzminister "dumme Parolen" vor. Schäuble selbst rechnet nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit einer Kanzlermehrheit in der Abstimmung über den EFSF.

Trotz aller Kritik an der Europa-Politik der schwarz-gelben Bundesregierung will die SPD die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF unterstützen. "Es sind die ersten richtigen Schritte dieser Regierung in der Eurokrise, und deshalb werden wir sie mitgehen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Debatte über den Gesetzentwurf zur Ausweitung des EFSF.

Sigmar Gabriel und Jürgen Trittin (rechts): Auch die Opposition will dem Rettungsschirm zustimmen. (Foto: REUTERS)

Doch die Einigkeit ist trügerisch. Gabriel warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut ein zu zögerliches Agieren in der Euro-Krise vor. Merkel nehme "lieber die Risiken eines schwachen Euro in Kauf, als Souveränität an Europa abzugeben". Er sprach sich erneut für eine stärkere Einflussnahme der EU-Institutionen auf die Finanz- und Steuerpolitik verschuldeter Mitgliedstaaten aus. Eine entsprechende Änderung des EU-Vertrags sei mittelfristig nötig, "nur so schaffen wir auf Dauer Stabilität".

Gabriel sprach vom "Euro-Populismus" der Bundesregierung und forderte Merkel auf, "das dumme Gerede vom Zahlmeister Europas" einzustellen. "In Wahrheit sind wir die politischen und die wirtschaftlichen Gewinner Europas und des Euros."

Die SPD hatte in der Debatte um Euro-Hilfen auch europäische Anleihen befürwortet, sogenannte Euro-Bonds. Diese werden von Schwarz-Gelb aber vehement abgelehnt. Gabriel forderte im Bundestag erneut weitere Schritte zur Regulierung der Finanzmärkte und eine Beteiligung der Gläubiger an der Krise.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin forderte im Kampf gegen die Schuldenkrise eine Stärkung europäischer Institutionen. "Das ist die Botschaft von Karlsruhe", sagte Trittin im Bundestag. Am Vortag hatte das Bundesverfassungsgericht den ersten Euro-Rettungsschirm grundsätzlich gebilligt.

Solange es eine ausreichende Kontrollfunktion auf europäischer Ebene aber nicht gebe, müsse der Bundestag diese Kontrollrechte haben, sagte Trittin. Nach Ansicht des Grünen-Fraktionschefs ist eine europäische Wirtschaftsregierung sinnvoll. Dafür sei aber eine europäische Vertragsänderung notwendig, die eine Vereinheitlichung von Steuer- und Wirtschaftspolitik ebenso beinhalten müsse wie die Anpassung von Sozialstandards.

Trittin warf der Bundesregierung vor, die Europäische Zentralbank (EZB) zum Aufkauf von Staatsanleihen genötigt zu haben. "Das ist die Verantwortung von Bundeskanzlerin Angela Merkel", sagte Trittin. Die Kanzlerin habe die "Unabhängigkeit der EZB auf schäbige Weise beschränkt".

Finanzminister Wolfgang Schäuble ist sich sicher, dass Schwarz-Gelb bei der Schlussabstimmung über den Rettungsschirm die Kanzlermehrheit erreichen wird. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung erneut deutlich gemacht, dass durch die Rettung nicht das Grundgesetz verletzt werde, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Das werde für manche Abgeordnete "eine zusätzliche Vergewisserung bedeuten". Der Bundesfinanzminister erklärte: "An der Unterstützung der Regierung durch die Koalition gibt es überhaupt keinen Zweifel."

Bundesregierung und Opposition erhöhten unterdessen den Druck auf Griechenland, die Reformversprechen einzuhalten. Das Land müsse die Voraussetzungen erfüllen, damit das Urteil der Prüfer von IWF, EZB und EU-Kommission positiv ausfallen könne. "Die Lage ist ernst in Griechenland", sagte Schäuble. Er versicherte dem Land aber die deutsche Solidarität.

Außerdem deutete er Änderungen an dem geplanten zweiten Griechenland-Hilfspaket bis 2014 an. Die Diskussion über ein neues Hilfsprogramm für Athen seien jedoch noch verfrüht, weil nicht einmal klar sei, dass die Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem ersten Paket gegeben sei, sagte Schäuble in der Bundestagsdebatte. "Dann mag es sein, dass sich ganz andere Konsequenzen auch für ein neues Griechenland-Programm ergeben werden."

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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