Überlastete Polizisten:Tore nach dem Einsatzplan

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Maikrawalle und Fußballrandale: Polizisten blicken dem 1. Mai 2011 schon jetzt mit Sorge entgegen. Die Innenminister der Länder fordern nun von der DFL, die Spielpläne umzuwerfen. Eine Vorverlegung des Pokalfinales ist nicht ausgeschlossen.

Susanne Höll

Zwischen den Innenministern der Länder und der Deutschen Fußball Liga (DFL) zeichnet sich ein Konflikt um die Bundesliga-Spiele Ende April nächsten Jahres ab. Mehrere Minister verlangen von der DFL, auf möglichst alle an diesem Wochenende geplanten Spiele zu verzichten, um die Polizeikräfte rund um den stets von Großkrawallen begleiteten 1. Mai nicht über Gebühr zu strapazieren.

Weder im Stadion noch im Umfeld des 1. Mai sind Krawalle ausgeschlossen. Die Polizei fürchtet das Wochenende schon jetzt. (Foto: dpa)

Die Minister beraten auf ihrer Herbsttagung am Donnerstag und Freitag über einen Antrag Nordrhein-Westfalens, in dem die DFL zu mehr Entgegenkommen aufgefordert wird. Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) drohte anderenfalls eine neue Debatte über eine Kostenbeteiligung der Profi-Fußballvereine an den Polizeieinsätzen an. Ein Sprecher seines Ministeriums sagte, Jäger rechne mit einer großen Zustimmung seiner Kollegen zu dem Antrag.

Die DFL hatte die Forderung nach einem kompletten Spielverzicht an diesem Mai-Wochenende bislang zurückgewiesen und sich dabei auf die Vereinbarung bei einem Spitzentreffen im April im Bundesinnenministerium berufen. Damals hatte man angesichts der Überlastung der Polizei am Maiwochenende vereinbart, das Wochenende am 1. Mai zu entzerren. Als Konsequenz hatte die DFL deshalb auf Begegnungen am Sonntag verzichtet. Das halten viele Minister für unzureichend. Für ein komplett spielfreies Wochenende sah die DFL wegen der engen nationalen und internationalen Spielpläne und der Fernsehrechte für Übertragungen aber bisher keine Möglichkeiten.

Inzwischen wird nach Kompromissmöglichkeiten gesucht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es die Überlegung, das für den 25. Mai angesetzte DFB-Pokalspiel in Berlin schon am 1. Mai in der Hauptstadt stattfinden zu lassen und alle für das erste Maiwochenende geplanten Bundesliga-Spiele am 25. Mai nachzuholen. Am 1. Mai seien bereits viele Polizisten wegen der am Abend erwarteten Krawalle in Berlin und könnten auch die Sicherung dieses Spieles übernehmen, hieß es. Die Idee sei bislang nur auf Arbeitsebene diskutiert worden. Ob sie verwirklicht werden könne, sei noch offen.

Zahlreiche Innenminister, darunter auch der Vorsitzende der Innenminister-Konferenz, Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU), aber auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unterstützen Jägers Initiative. Skeptisch äußerte sich der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Ein spielfreies Wochenende wäre im Interesse der Polizisten sicher wünschenswert, sagte Schünemann. "Doch wir haben im April eine Vereinbarung mit der DFL getroffen", fügte er hinzu. Vielleicht könne man aber für das Jahr 2012 eine neue Abmachung treffen.

Streit um Kosten von Polizeieinsätzen

Nordrhein-Westfalen klagt, wie fast alle anderen Länder auch, über eine wachsende Belastung der Polizei. Am 1. Mai diesen Jahres waren nach Auskunft des Landesinnenministeriums alle Bereitschaftspolizisten im Einsatz: 600 seien in Berlin beim Großeinsatz der abendlichen Krawalle gewesen, 800 hätten Fußballspiele gesichert, die übrigen begleiteten Demonstrationen rechter und linker Gruppen in NRW.

Der schon in der Vergangenheit immer wieder geäußerten Forderung nach einer Beteiligung der Fußball-Vereine an den Kosten von Polizeieinsätzen dürfte wieder kein Erfolg beschieden sein. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach sagte: "Der Schutz von Großveranstaltungen - auch von Fußballspielen - ist originäre Aufgabe der Polizei. Für eine Kostenbeteiligung der Vereine gibt es keine rechtliche Grundlage."

Die Kosten von Polizeieinsätzen werden aber auch die Innenminister beschäftigen. Schünemann kündigte an, bei dem informellen Treffen der Minister am Donnerstagabend den Bund aufzufordern, die Kosten für alle Polizeieinsätze bei Atomtransporten zu übernehmen. Anlass ist die jüngste Castor-Lieferung. Wenn er von seinen Kollegen in der sogenannten Kaminrunde ausreichend Unterstützung erhalte, werde er diese Forderung am Freitag auf die offizielle Tagesordnung des Treffens setzen, kündigte Schünemann an. Einige Minister, darunter auch Herrmann, haben Sympathie für eine solche Änderung, die Bundesregierung lehnt sie aber ab.

© SZ vom 17.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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