Brexit:Britischer EU-Kommissar tritt zurück - Steinmeier: Brexit "so bald wie möglich"

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Außenminister Frank-Walter Steinmeier (Mitte) mit seinem italienischen Kollegen Paolo Gentiloni (links) und dem belgischen Außenminister Didier Reynders. (Foto: AFP)
  • Der britische EU-Finanzkommissar Jonathan Hill hat seinen Rücktritt eingereicht.
  • Die Außenminister der sechs EU-"Gründerstaaten" machen Druck auf Großbritannien.
  • Die britische Regierung hatte keine Eile erkennen lassen, den Brexit schnell umzusetzen - im Gegenteil.

Jonathan Hill hat es eilig, David Cameron nicht. Der britische EU-Kommissar Hill hat am Samstag seinen Rücktritt eingereicht - wegen des Brexits. Er war in der EU-Kommission für Finanzmarktangelegenheiten zuständig. Nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt könne er nicht so weitermachen, als wäre nichts geschehen, sagte Hill.

Der britische Premier Cameron hingegen will weitermachen bis Oktober. Er hatte für ein Verbleiben Großbritanniens in der Europäischen Union geworben und ist gescheitert. Aber den sofortigen Rücktritt lehnte er ab. Den Brexit umsetzen soll erst sein Nachfolger. Und auch der heißeste Kandidat für den Job, Boris Johnson, will die Angelegenheit wohl eher gemächlich angehen: Es gebe keinen Grund zur Hast, sagte er.

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Die einen feiern die "Geburt eines neuen Britanniens", die anderen verspotten Noch-Premier David Cameron. Und die Schotten machen Wortspiele mit EU und Unabhängigkeit.

Zusammengestellt von Hannah Beitzer

Deutschland und den anderen fünf "Gründerstaaten" der Europäischen Union ist das Zeitspiel zuwider. Auf einem Treffen ihrer Außenminister in Berlin am Sonntag haben sie den Druck auf Großbritannien erhöht, schnell die konkreten Verhandlungen über einen Austritt aus der EU zu starten.

Steinmeier warnt vor "Hängepartie"

"Dieser Prozess sollte so bald wie möglich losgehen, dass wir nicht in eine lange Hängepartie geraten", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Samstag nach einem Treffen der Außenminister der sechs EU-Staaten in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte bei einer Klausur von CDU und CSU in Potsdam, sie wolle die Briten zwar nicht drängen, der Prozess solle jedoch nicht "ewig dauern".

Zu den Gründerstaaten der Union, die bei der Gründung 1957 zunächst Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hieß, zählen neben Deutschland Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte mit Blick auf London: "Ich hoffe, dass wir hier kein Katz- und Mausspiel machen." Das passe weder zur EU noch zu Großbritannien. "Hier muss Klarheit sein. Das Volk hat gesprochen. Und wir müssen diese Entscheidung umsetzen."

Juncker hätte den Scheidungsbrief "gerne sofort"

Großbritannien müsse nun sehr schnell den in Artikel 50 des Lissabon-Vertrages festgelegten Mechanismus zum Austritt in Gang setzen. "Wenn das nicht geschieht (...), kann es geschehen, dass eine Periode von vier Monaten, vielleicht noch mehr, eine Periode der Unsicherheit ist." Rasches Handeln sei wichtig für die Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien und damit verknüpft auch für soziale Fragen in der EU.

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Wegen des Andrangs auf die Petitionsseite der Regierung bricht kurzfristig der Server zusammen. Inzwischen läuft er wieder - und die Zahl der Unterzeichner steigt.

Ähnlich hatten sich am Freitag EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker geäußert. "Offen gestanden, ich finde das skandalös", sagte Schulz im Hinblick auf die Ankündigung von Premier Cameron, erst im Oktober zurücktreten zu wollen. Juncker forderte die britische Regierung auf, den "Scheidungsbrief" bald zu schicken: "Ich hätte den gerne sofort."

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