Atomstreit mit Iran:Widersprüchliche Signale aus Teheran

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Nach dem Eingeständnis, eine neue Atomanlage zu bauen, will Iran IAEA-Kontrolleure einladen - und offenbar gleichzeitig neue Raketen testen.

Der Bau einer zweiten Atomanlage zur Anreicherung von Uran in Iran hat international Empörung ausgelöst. Während der Westen und Russland den Druck erhöhen, kommen aus Teheran widersprüchliche Signale.

Iran hat nach eigenen Angaben bereits Absprachen mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zur Inspektion seiner zweiten Urananreicherungsanlage getroffen. Es werde eine "Inspektion der neuen Fabrik in angemessener Zeit geben", sagte der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi.

Gleichzeitig wollen die iranischen Revolutionsgarden offenbar von Sonntag an mehrere Raketentests vornehmen. Das meldeten die iranischen Nachrichtenagenturen Isna und Fars. Mit dem Manöver "Großer Prophet 4" solle die Fähigkeit der iranischen Streitkräfte zur Abschreckung erhalten und verbessert werden. Wann die Inspekteure die Anlage in der Nähe der heiligen Stadt Qom besuchen können, sagte er aber nicht.

Kryptisch äußerte sich das Büro des obersten geistlichen Führers in Iran, Ayatollah Ali Chamenei. So soll die zweite Urananreicherungsanlage in Kürze ihren Betrieb aufnehmen. Die neue Fabrik werde "die Augen der Feinde blenden", sagte Bürochef Ayatollah Mohammad Mohammadi Golpajegani laut der halbamtlichen Agentur Fars. Sie solle "mit der Hilfe Gottes demnächst einsatzbereit" sein.

In seiner wöchentlichen Radio- und Videobotschaft zeigte sich US-Präsident Barack Obama besorgt: Der geheim gehaltene Bau einer zweiten Urananlage sei eine "ernsthafte Gefahr für die weltweiten Bemühungen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen". Die Verschleierung sei Teil eines "beunruhigenden Musters iranischer Ausflüchte". Trotz der Empörung bekräftigte der US-Präsident seine Gesprächsbereitschaft: "Mein Angebot eines ernsthaften, bedeutenden Dialogs zur Lösung dieser Angelegenheit bleibt bestehen", sagte Obama.

"Irans Führer müssen sich entscheiden", sagt Obama. "Sie können ihrer Verantwortung nachkommen und in die Gemeinschaft der Völker integriert werden. Oder sie werden sich mit zunehmendem Druck und Isolation konfrontiert sehen."

Nach den Worten des israelischen Außenministers Avigdor Lieberman, beweist die neue iranische Atomanlage, dass der Iran nach Atomwaffen strebt. Die Anlage, die in einen Berg gebaut sein soll, diene "ohne Zweifel" militärischen Zwecken, erklärte Lieberman. Im Juli 2008 hatte Teheran bei einem Großmanöver Schahab-3-Raketen getestet, die mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometern Israel treffen können.

Mit der Bedrohung durch iranische Raketen hatten die USA die Notwendigkeit eines Raketenschilds in Osteuropa begründet. US-Präsident Barack Obama hat unlängst nach anhaltenden Protesten Russlands darauf verzichtet.

Aufruf zu einer atomwaffenfreien Welt

"Wir schließen keine Option aus, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit Amerikas geht", sagte Obama. Er ziehe eine diplomatische Lösung aber weiterhin vor. Wie US-Verteidigungsminister Robert Gates dem Sender CNN sagte, würde ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen das Atomprogramm des Landes nicht völlig lahmlegen, sondern lediglich einen Zeitgewinn von bis zu drei Jahren bringen.

Obama sagte, er hoffe, dass Iran bei den anstehenden Gesprächen über sein Atomprogramm alle Fragen zu seinen nuklearen Aktivitäten beantworten werde. Iran hatte am Freitag den Bau der Urananreicherungsanlage zugegeben und die IAEA in einem Brief über das Projekt informiert. In der Anlage sollen 3000 Zentrifugen zur Urananreicherung installiert werden.

Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew und der chinesische Regierungssprecher Ma Zhaoxu appelierten an Iran, mit der IAEA zu kooperieren. Medwedjew sagte, Teheran müsse "überzeugende Beweise" dafür vorlegen, dass sein Atomprogramm lediglich friedlichen Zwecken diene. Zu möglichen weiteren Sanktionen äußerte er sich zunächst nicht.

China und Russland hatten neue Sanktionen gegen Iran bislang skeptisch gesehen. Am Mittwoch schloss Medwedjew sie bei einem Gespräch mit Obama dann aber überraschend nicht mehr aus.

Ahmadinedschad weist Vorwürfe zurück

Präsident Mahmud Ahmadinedschad wies sämtliche Vorwürfe zurück. Dass Iran die IAEA erst jetzt über den Bau der Anlage informiert habe, sei "völlig legal", sagte Ahmadinedschad in New York. Er habe auch kein Problem damit, dass Inspekteure die Anlage kontrollierten.

Zuvor hatte er bereits sämtliche Anschuldigungen in Bezug auf eine Geheimhaltung des iranischen Atomprogramms zurückgewiesen. "Wir haben kein Geheimnis", sagte er dem Time Magazine. Zu den Sanktionsdrohungen äußerte sich der iranische Präsident zunächst nicht. "Herr Obama ist kein Atomexperte", erklärte Ahmadinedschad.

Ban Ki Moon fordert Verhandlungen

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich sehr besorgt über die Urananreicherung Irans. Dies habe der Generalsekretär dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad bei einem Treffen in New York mitgeteilt, hieß es in einer Erklärung der Vereinten Nationen. Er verlangte, dass so schnell wie möglich konstruktive Verhandlungen beginnen müssten.

© AFP/dpa/AP/segi/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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