Amerikas Arbeitsmarkt:Arbeitslosenquote fällt - Obama darf hoffen

Lesezeit: 2 min

96.000 neue Jobs sind im August entstanden, das sind deutlich weniger als erhofft. Doch die Arbeitslosenquote fiel auf 8,1 Prozent und nährt bei den US-Demokraten die Hoffnung, dass bis zur Wahl eine sieben vor dem Komma steht. Die neuen Statistiken liefern den Republikanern aber auch Stoff, um Präsident Obama anzugreifen.

Barack Obama hatte auf dem Parteitag der US-Demokraten in Charlotte um Zeit geworben, um mehr Geduld mit seiner Wirtschaftspolitik. Doch die Verkündung der Arbeitslosenzahlen durch das US-Arbeitsministerium lässt sich nicht verschieben - die veröffentlicht die Behörde an jedem ersten Freitag im Monat. Für den August fällt die Bilanz äußerst durchwachsen aus: Es sind nur 96.000 neue Jobs enstanden - gerade genug, um mit dem Bevölkerungswachstum des Landes mitzuhalten.

Reaktionen auf Obama-Rede
:"Ein verblüffend lebloser Auftritt"

Eine "erdverbundene" Rede? Oder doch ein "Rückschlag"? In den Schlagzeilen der amerikanischen Medien schwingt Enttäuschung über den Auftritt von Barack Obama mit. Dass der Parteitag dennoch als Erfolg zu betrachten ist, habe er anderen zu verdanken.

Trotzdem könnten die neuesten Zahlen Obama helfen: Die Arbeitslosenquote fiel von 8,3 auf 8,1 Prozent - ein Trend, den er im Wahlkampf als Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung verkaufen kann. Doch in diesem Monat hat der Rückgang vor allem damit zu tun, dass viele Amerikaner sich nicht mehr als arbeitslos gemeldet haben, sondern dem Arbeitsmarkt gar nicht mehr zur Verfügung stehen: Manche fangen an zu studieren, andere haben die Hoffnung verloren, überhaupt noch einen Job zu finden. Zudem entstanden im Juni und im Juli insgesamt etwa 41.000 Stellen weniger als zunächst gemeldet.

Ökonomen bewerten die Zahlen ebenfalls gemischt. "Mehr neue Jobs wären schön gewesen", twitterte Betsey Stevenson von der Universität Princton. "Aber die Grundaussage bleibt, dass die neuen Zahlen mit dem bisherigen Trend übereinstimmen: Der moderate Aufschwung hält an."

Die Arbeitslosenzahlen gelten als wichtigster Konjunkturindikator der USA. Monatlich soll die Zahl der neu geschaffenen Jobs zeigen, ob die Wirtschaft läuft oder klemmt. Die Statistik ist jedoch nur eine grobe Schätzung.

Seit Monaten kämpft der amtierende US-Präsident dagegen an, dass ihn die Republikaner als wirtschaftspolitischen Versager darstellen. Als Obama Anfang 2009 ins Weiße Haus einzog, lag die Arbeitslosenquote bei 8,3 Prozent - und bewegte sich seitdem oft nach oben, mit dem Spitzenwert von zehn Prozent im Oktober 2009.

Die Demokraten gaben sich bei ihrem Krönungsparteitag in Charlotte viel Mühe, die konjunkturelle Lage ins rechte Licht zu rücken. Vorneweg Ex-Präsident Bill Clinton, der selbst Republikanern als wirtschaftspolitisch erfolgreich gilt und in seiner Rede am Donnerstag schrittweise vorrechnete, welch üble Arbeitsmarktsituation Obama von seinem Vorgänger George W. Bush geerbt habe. Nicht einmal er selbst, Bill Clinton, hätte diesen Schaden in vier Jahren beheben können, sagte der Ex-Präsident - und lobte die 4,5 Millionen Jobs, die Obama geschaffen habe.

Defizit übersteigt Bruttoinlandsprodukt

Sein Nachnachfolger Obama blies in seiner Rede am Freitag ins gleiche Horn: "Der Weg, den wir Euch anbieten, ist vielleicht schwieriger, aber er führt zu einem besseren Ort." Er wolle eine Million neuer Industriejobs bis Ende 2016 schaffen und das Haushaltsdefizit im Umfang von vier Billionen Dollar reduzieren, versprach Obama.

Der gewaltige Schuldenstand hatte am Mittwoch die Party der US-Demokraten gestört: Obamas Finanzministerium teilte mit, das Defizit sei auf mehr als 16 Billionen Dollar gewachsen und übersteige zum ersten Mal seit der Nachkriegszeit das Bruttoinlandsprodukt der USA. Eine Steilvorlage für Obamas Herausforderer Mitt Romney. Sein Vizekandidat Paul Ryan nutzte die Zahl zur Attacke: "Von allen gebrochenen Versprechen Barack Obamas sind die Schulden möglicherweise das Schlimmste." ( Mehr zum Schuldenstand und den Hintergründen in diesem SZ.de-Artikel.)

Nach dem Parteitag brach Obama in Richtung New Hampshire auf, wo er die Arbeitsmarktzahlen als Erfolgssignal verkaufen wird. In dem swing state liegt der Amtsinhaber in Umfragen knapp vor Romney, der dort ebenfalls um Stimmen buhlt. Romney wird die Arbeitslosenquote weiterhin als inakzeptabel brandmarken, eine teure TV-Werbekampagne wird dieselbe Botschaft enthalten. Selbst wenn sie bis zur Wahl noch leicht sinkt - sie wird weiterhin spürbar höher liegen als vor der Krise.

Obama bleibt nichts anderes übrig, als dagegen anzureden, um Geduld zu werben und auf eine historische Chance zu hoffen: Seit dem Zweiten Weltkrieg ist in den USA noch nie ein Präsident wiedergewählt worden, wenn die Arbeitslosenquote höher als 7,2 Prozent lag.

© Süddeutsche.de/mikö/bbr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Prominenz auf dem Parteitag der Demokraten
:Die weibliche Antwort auf Clint Eastwood

Scarlett Johansson, Eva Longoria, die Foo Fighters: Mit zahlreichen Größen der US-Prominenz positioniert sich Präsident Obama auch in Sachen Glamour gegen seinen Herausforderer Romney. Die Promis sorgen zwar für weniger Aufsehen als Clint Eastwood auf dem Republikaner-Parteitag, aber für mehr Imagegewinn.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: