Afghanistan:Westerwelle und der Spott der anderen

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Außenminister Westerwelle spricht vom Abzugsbeginn der Bundeswehr noch 2010. Dass er mit Boykott der Afghanistan-Konferenz drohte, sorgt für Häme - aus der Union.

Guido Westerwelle sieht den Anfang vom Ende des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan: Er möchte bereits in diesem Jahr mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung beginnen.

FDP-Chef, Außenminister und Vizekanzler: Guido Westerwelle (Foto: Foto: dpa)

Auf der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar solle der Übergabeprozess geplant werden an dessen Ende eine "Abzugsperspektive für unsere Soldaten steht", sagte er dem Magazin Focus.

Die Bundesregierung will ihre Afghanistan-Strategie jedoch erst nach der internationalen Konferenz am 28. Januar neu festlegen. Dann soll auch über eine Verstärkung der derzeit bis zu 4500 deutschen Soldaten entscheiden werden.

Bundeswehrverband fordert ehrliche Bilanz

Bevor die Truppen aufgestockt werden, verlangt der Bundeswehrverband von der Regierung jedoch eine ehrliche Bilanz des Einsatzes. Mit Blick auf Merkel sagte der Vorsitzende Ulrich Kirsch in der Rheinpfalz am Sonntag: "Sie muss dafür sorgen, dass die ressortübergreifende Verständigung zwischen den beteiligten Ministerien besser funktioniert."

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht hier Handlungsbedarf. Laut Spiegel fordert er von Westerwelle, er müsse ein klares Ziel für die Londoner Afghanistankonferenz Ende des Monats vorgeben. "Stattdessen lässt er bislang den Verteidigungsminister Guttenberg die außenpolitische Strategie definieren. Das ist aber in der Verfassung so nicht vorgesehen. Wir wollen keine Militarisierung der Außenpolitik."

Westerwelle solle noch vor der Konferenz am 28. Januar seine Vorstellungen präsentieren "und die am besten auch im Bundestag diskutieren", meinte Gabriel. "Dann könnte er möglicherweise mit einem Votum des Parlaments nach London fahren."

Westerwelle kommt nicht - wem fällt es auf?

Für Unverständnis sorgen währenddessen Westerwelles als Boykott-Androhung verstandenen Äußerungen zur Afghanistan-Konferenz.

"Ich finde es einigermaßen merkwürdig, dass Herr Westerwelle sich erst wochenlang nicht zu Afghanistan und der Strategie dort äußert, um dann aus dem Busch zu kommen und zu sagen, ich fahre nicht zur Konferenz nach London", sagte Sigmar Gabriel weiter.

Westerwelle hatte im Stern gedroht, er werde nicht an dem internationalen Treffen Ende Januar teilnehmen, wenn es "eine reine Truppensteller-Konferenz" werde. Inzwischen stellte er klar, dass er "nie mit einem Boykott der Konferenz gedroht habe". Gleichwohl könne die Konferenz in London keinen Erfolg haben, wenn es nur um zusätzliche Truppen für Afghanistan geht, sagte er.

Im Focus behauptete der FDP-Chef nun, dass er nie mit einem Boykott der Konferenz am 28. Januar gedroht habe.

Die CSU reagierte mit Spott auf Westerwelles Drohgebärde. "Wenn Westerwelle nicht nach London fahren will, verhandelt eben zu Guttenberg allein für Deutschland - mal schau'n, ob es auffällt", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem Spiegel.

Auf Verteidigungsminister Guttenberg lasten jedoch weiterhin die Informationspannen nach dem tödlichen Bombenangriff auf Tanklaster im nordafghanischen Kundus. SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold kritisierte, dass Guttenberg Informationen nur in kleinen Schritten herausgebe und forderte ein Gesamtdarstellung der Ereignisse am 4. September.

"Wenn Herr zu Guttenberg dem Bundestag und der Öffentlichkeit die Unwahrheit über das Verhalten Schneiderhans und Wicherts gesagt haben sollte, müsste er zurücktreten", sagte Arnold der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Der Minister wirft Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert vor, ihm wichtige Berichte über die Geschehnisse bei der Attacke am 4. September auch auf Nachfrage hin nicht präsentiert zu haben - sie bestreiten das.

© sueddeutsche.de/dpa/APD/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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