Serbischer Ministerpräsident reist zur Gedenkfeier für Srebrenica
Als Geste der Aussöhnung will der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić an der Gedenkzeremonie zum 20. Jahrestags des Massakers in Srebrenica in der bosnischen Stadt teilnehmen. Er wolle sich bei der Gedenkfeier am Samstag vor den Opfern "verneigen", sagte Vučić am Dienstagabend in Belgrad.
Zugleich stufte er das Massaker an etwa 8000 Muslimen am Ende des Bosnien-Kriegs als Tat einzelner Verbrecher ein. "Die serbische Regierung hat heute Abend entschieden, dass ich Serbien am 11. Juli in Srebrenica vertrete", sagte Vučić vor Journalisten.
Sein Land sei "in der Lage zuzugeben, dass einige Individuen Verbrechen begangen haben". "Diese Leute haben Namen. Wir verurteilen jedes einzelne dieser schrecklichen Verbrechen und werden jeden dieser Verbrecher verurteilen", fügte der Regierungschef hinzu. Zugleich forderte er Serbiens frühere Kriegsgegner auf, "unsere Opfer zu respektieren".
An der Gedenkzeremonie zum zehnten Jahrestag des Srebrenica-Massakers hatte 2005 bereits der damalige serbische Präsident Boris Tadić teilgenommen. 2010 verurteilte das Parlament in Belgrad das Massaker, drei Jahre später entschuldigte sich Staatschef Tomislav Nikolić für die Bluttat.
Massaker von Srebrenica:Als das Unvorstellbare passierte
Im Juli 1995 marschierten bosnisch-serbische Truppen in die UN-Schutzzone ein und richteten ein Massaker an - General Ratko Mladic gilt als Hauptverantwortlicher.
UN-Sicherheitsrat verschiebt umstrittene Abstimmung
Eine Verbesserung der Beziehungen Serbiens zu Bosnien-Herzegowina und anderen Nachbarländern gilt als eine wichtige Voraussetzung für eine Aufnahme des Landes in die EU. Seit 2012 ist Serbien offiziell Beitrittskandidat. Vergangene Woche hatte Vucic gesagt, er wolle die Beziehungen zu Bosnien-Herzegowina verbessern.
Derzeit kämpft Belgrad allerdings gegen eine UN-Resolution, die das Srebrenica-Massaker anlässlich des 20. Jahrestages verurteilen und eine Anerkennung des Kriegsverbrechens als "eine Voraussetzung für die Versöhnung" der ehemaligen Kriegsparteien bezeichnen soll.
Eigentlich sollte der UN-Sicherheitsrat am Dienstag über den von Großbritannien eingebrachten Entwurf abstimmen. Das Votum wurde aber auf Mittwoch verschoben, um weitere Verhandlungen zu ermöglichen. Die Vetomacht Russland, die Serbien traditionell unterstützt, stört sich vor allem an dem in dem Text verwendeten Begriff Völkermord. Vučić hat nach eigenen Angaben von Moskau "Garantien" erhalten, dass Russland einen Resolutionstext, der Serbien anklage, blockieren werde.
1995 wurden etwa 8000 Muslime ermordet
1995 waren kurz vor dem Ende des Bosnien-Kriegs bosnisch-serbische Milizen in die damalige UN-Schutzzone Srebrenica einmarschiert und hatten an den leichtbewaffneten niederländischen UN-Blauhelmsoldaten vorbei etwa 8000 Muslime - vorwiegend Männer und Jungen - verschleppt und getötet. Das Massaker von Srebrenica gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und wurde vom UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag als Völkermord eingestuft.
Führende bosnische Serben, auch Vučić, lehnen diese Bewertung jedoch ab. Laut einer kürzlich vorgenommenen Umfrage stehen 70 Prozent der Serben hinter dieser Haltung. Zugleich verurteilten 54 Prozent der Befragten das Massaker als Verbrechen.