"Vatileaks"-Affäre:Kammerdiener bittet Papst um Verzeihung

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In einem Brief an den Pontifex gesteht Paolo Gabriele Fehler ein und bittet um Entschuldigung. Benedikts langjähriger Kammerdiener soll der Presse vertrauliche und brisante Dokumente aus dem Vatikan zugespielt haben. Doch italienische Medien glauben nicht an die kolportierte Einzeltäterthese - und spekulieren über weitere Maulwürfe.

Als "Maggiordomo", als persönlicher Kammerdiener, stand er dem Oberhaupt der katholischen Kirche so nahe wie kaum jemand anders. Vielleicht waren die beiden Männer sogar so etwas wie Freunde. Umso schwerer, so darf gemutmaßt werden, wiegt der mutmaßliche Verrat von Paolo Gabriele. Der 46-Jährige soll der Maulwurf sein, der brisante Dokumente aus dem Vatikan an die Medien weiterleitete. Sie berichten unter anderem von Korruption, Geldwäsche und Kindesmissbrauch.

Ist Paolo Gabriele (vorne links) tatsächlich der einzige Maulwurf? Zumindest der Vatikan präsentiert den päpstlichen Kammerdiener als Hauptverdächtigen in der Affäre um die Weitergabe vertraulicher und brisanter Dokumente an die Presse. (Foto: REUTERS)

Jetzt soll sich der Hauptverdächtige in der "Vatileaks"-Affäre bei Benedikt XVI. entschuldigt haben. Der jüngst aus der Untersuchungshaft in den Hausarrest entlassene frühere Vertraute des Papstes habe in einem Brief Fehler eingestanden und den Pontifex um Verzeihung gebeten, schreibt der Corriere della Sera unter Berufung auf Gabrieles Verteidiger, Carlo Fusco. Das Schreiben sei den Kardinälen übergeben worden, die mit der Untersuchung der Causa betraut sind. Fusco zufolge versichert Gabriele darin auch, keine Komplizen gehabt zu haben.

Unbestätigte und vom Vatikan heftig dementierte Medienberichte hatten zuvor von mehreren Helfern gesprochen. Unter anderem die Zeitung La Repubblica hatte drei weitere Vertraute des Papstes mit der Weitergabe der Unterlagen in Verbindung gebracht. Neben Benedikts Haushälterin Ingrid Stampa seien auch zwei Kardinäle, darunter der deutsche Bischof Josef Clemens, in die Affäre verwickelt. Angeblich wollten die Verdächtigen dem Heiligen Vater jedoch nicht schaden, sondern im Gegenteil durch die Veröffentlichungen Menschen aus dem direkten Umfeld des 85-Jährigen in Misskredit bringen, die diesem Böses wollten.

Haushälterin wehrt sich gegen "schwerwiegende Verdächtigungen"

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi erklärte dazu, eine Befragung durch die vom Papst eingesetzte Untersuchungskommission mache noch niemanden zum Verdächtigen. Die drei Personen seien auch nicht "von ihren Aufgaben entbunden" worden, wie es in den Medienberichten geheißen hatte. Haushälterin Stampa wehrte sich zudem gesondert in einer Erklärung gegen die "schwerwiegenden Verdächtigungen einer Mittäterschaft".

Die mit Kardinälen besetzte Kommission hat ihre Befragungen inzwischen abgeschlossen und Benedikt XVI. am Wochenende einen Bericht vorgelegt. Zum Inhalt des Berichts wurde bislang aber noch nichts bekannt.

Kammerdiener Gabriele war Ende Mai festgenommen worden. In den nächsten Tagen soll entschieden werden, ob er wegen schweren Raubes vor Gericht kommt oder nicht. Wird er schuldig gesprochen, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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