Todesstrafe in den USA:Texas richtet geistig Behinderten hin

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Bei einem IQ-Test erreichte Marvin Wilson 61 Punkte, 70 gelten als Grenze für geistige Kompetenz. Trotz seiner mutmaßlichen Behinderung wurde in Texas jetzt die Todesstrafe gegen den 54-jährigen Afroamerikaner vollstreckt. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bundesstaat einen Behinderten hingerichtet hat.

Trotz Protesten von Menschenrechtsaktivisten ist im US-Bundesstaat Texas ein offenbar geistig behinderter Mann hingerichtet worden. Die Todesstrafe gegen den 54-jährigen Marvin Wilson sei am Dienstagabend (Ortszeit) mit einer Giftspritze vollstreckt worden, hieß es aus Justizkreisen. Der Afroamerikaner war schuldig gesprochen worden, 1992 einen Polizeispitzel getötet zu haben.

Der 54-Jährige hatte 18 Monate im Todestrakt gesessen. Einen letzten Vorstoß seiner Anwälte, die Hinrichtung doch noch zu verhindern, wies der Oberste Gerichtshof am Dienstagnachmittag zurück. Die Verteidiger hatten auf den niedrigen Intelligenzquotienten ihres Mandanten verwiesen: Wilson hatte 2004 bei einem IQ-Test 61 Punkte erreicht, während allgemein 70 Punkte als Schwelle zu geistiger Kompetenz betrachtet werden.

Menschenrechtsorganisationen hatten deshalb heftig gegen die Todesstrafe für Wilson prostestiert.

Definition geistiger Behinderung obliegt den Bundesstaaten

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte 2002 entschieden, dass geistig Behinderte nicht zum Tode verurteilt werden dürfen. Allerdings überließ das Gericht die Definition von geistiger Behinderung den Bundesstaaten. Nach der geltenden Definition von Texas war der nun Hingerichtete laut Behördenangaben nicht geistig behindert. Wilsons Anwalt Lee Kovarsky sagte, Texas umgehe das Verbot, indem es die Definition so auslege, dass ein Häftling sie praktisch nicht erfüllen könne.

Es war bereits das 25. Mal in diesem Jahr, dass in den USA die Todesstrafe vollstreckt wurde. Sieben der Hinrichtungen fanden in Texas statt. Für mindestens neun weitere Todeskandidaten sind in den kommenden Monaten Hinrichtungen angesetzt.

Erst Mitte Juli war in Texas ein anderer, mutmaßlich geistig behinderter Mann hingerichtet worden. Georgia hatte hingegen zuletzt die Vollstreckung der Todesstrafe gegen einen vermutlich geistig Behinderten in letzter Minute verschoben - allerdings nicht aufgrund der Beeinträchtigung, sondern weil es Vorbehalte gegen eine neuartige Giftinjektion gibt.

© Süddeutsche.de/AFP/dapd/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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