Reform in der katholischen Kirche:Mehr Soziales, weniger Karrierismus

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Franziskus beim Gespräch mit den Kardinälen - unter ihnen auch jene neun, die in seinem Auftrag Reformideen erarbeitet haben. (Foto: dpa)

Die Kardinals-Kommission des Papstes legt ihr Konzept zur Reform der vatikanischen Kurie vor. Schlankere Strukturen, bessere Koordination und eine Aufwertung von Laien gehören zu den Vorschlägen. Ein Kardinal aus Deutschland hat etwas dagegen.

Von Matthias Drobinski, Rom

Nach außen entfaltet die katholische Kirche in Rom all ihre Pracht und Macht der Inszenierung: Am Wochenende wird Franziskus feierlich im Petersdom neue Kardinäle ernennen, schon am Freitag reisen aus aller Welt bis zu 160 Kardinäle an, um bei der Feier und dem dazugehörigen Konsistorium, der Kardinalsversammlung, dabei zu sein.

Doch intern geht es hart zur Sache. Diese Woche hat auch die Gruppe jener neun Kardinäle getagt, die im Auftrag von Papst Franziskus seit Oktober 2013 über eine Reform der Kurie beraten, koordiniert von Kardinal Óscar Rodríguez Maradiaga aus Honduras. Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist dort vertreten. Sie sollen an diesem Freitag den anderen Kardinälen von ihren Überlegungen berichten. "Die Stimmung ist angespannt", sagt ein Insider. Es geht um Macht und den Bruch mit alten Gewohnheiten und überhaupt um den Kurs der katholischen Kirche.

Im Vorfeld des Konsistoriums haben die Kardinäle Post erhalten, ein 34 Seiten umfassendes Papier, "Vorschläge für eine Revision der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus" ist es überschrieben. In "Pastor Bonus" ("der gute Hirte") ist seit 1988 die gegenwärtige Struktur der Kurie festgelegt. Das Papier der K9-Reformgruppe, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, macht nun erste Vorschläge: Es soll klarere Strukturen mit weniger Kongregationen und Räten geben. Die Kurienbehörden sollen sich besser abstimmen als bisher - die Arbeit der Kurie soll "synodal" werden, heißt es, die Vertreter der verschiedenen Behörden sollen sich regelmäßig treffen und beraten. Die Kardinäle schlagen neue Schwerpunkte in den Bereichen Laien, Familie, Ehe und Gerechtigkeit vor - und das Staatssekretariat, die mächtigste Behörde des Vatikan, soll neu geordnet werden.

Tiefer Eingriff in die Struktur der Kurie

Die Neuordnung des Staatssekretariats würde am tiefsten in die Struktur der Kurie eingreifen. Seit den Sechzigerjahren war die Behörde, die für die päpstliche Außenpolitik genauso zuständig ist wie für die Koordination der anderen Ministerien, immer mächtiger geworden. Unter Papst Johannes Paul II. hatte Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano die Zuständigkeit seiner Behörde immer wieder erweitert. Sein Nachfolger unter Benedikt XVI., Tarcisio Bertone, regierte so selbstherrlich, dass er intern "Nebenpapst" genannt wurde.

Damit soll Schluss sein. Das Staatssekretariat solle stärker ein "Papstsekretariat" werden, heißt es in dem Papier, "das direkter und wirksamer den Papst unterstützt". Eine Art Schaltstelle im Auftrag des Papstes. Über die päpstliche Außenpolitik, die bislang auch im Staatssekretariat angesiedelt ist, verliert das Papier kein Wort.

Deutlich aufwerten möchten die neun Kardinäle auch die Position der Laien in der Kirche und das Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Umweltschutz. So wünscht die Reformgruppe eine neue Kongregation für "Laien, Familie und Leben". Das wäre eine Aufwertung des bisherigen "Päpstlichen Rates für die Laien". Der soziale und sozialpolitische Bereich, den Einsatz für Flüchtlinge und den Umweltschutz eingeschlossen, soll in einer neuen Kongregation "Caritas, Gerechtigkeit und Frieden" zusammengefasst und aufgewertet werden.

Den Geist des Karrierismus beseitigen

In vielem bleibt das Papier noch unkonkret, vor allem, wenn es darum geht, wem etwas weggenommen werden könnte. Es geht den K9-Kardinälen vor allem darum, einen Mentalitätswandel voranzutreiben. Die Kurie soll sich als Dienstleisterin sehen, heißt es, die Mitarbeiter sollen angetrieben sein von einer "Spiritualität des Dienstes und der Gemeinschaft", der Geist des "Karrierismus" gehöre beseitigt. Spannend ist auch, dass die Reformgruppe sich vorstellen kann, dass nicht mehr alle Kongregationen und Räte wie bisher von Bischöfen geleitet werden müssen und dass mehr Nicht-Kleriker an leitender Position in der Verwaltung arbeiten.

Ob und wie weit die Vorschläge realisiert werden, ist ungewiss. Es gibt offenbar heftige Widerstände aus der Kurie selber, aber auch von Kardinälen. In der halbamtlichen Zeitung Osservatore Romano hat sich Kardinal Gerhard Ludwig Müller zu Wort gemeldet, der Präfekt der Glaubenskongregation (die von den Reformüberlegungen nicht betroffen ist). Eine Kurienreform müsse anderen Kriterien folgen als eine weltliche Verwaltungsreform, schreibt er. Auf jeden Fall müssten die Behörden von Bischöfen geleitet werden. Schon gar nicht sollten die nationalen Bischofskonferenzen mehr Macht bekommen. Viele lesen das als den Gegenentwurf zum Papier der neun Kardinäle.

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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