Nach tödlicher Polizeigewalt in Südafrika:Richter lässt inhaftierte Minenarbeiter frei

Lesezeit: 1 min

Öffentlicher Druck zeigt Wirkung: Ein Richter in Pretoria hat mehr als 160 inhaftierte Bergarbeiter aus dem Gefängnis entlassen. Den Kumpeln einer Platinmine war vorgeworfen worden, für den Tod von mehr als 30 Kollegen Anfang August verantwortlich zu sein. Die umstrittene Mordanklage wurde mittlerweile ausgesetzt.

Nach dem tödlichen Polizeieinsatz in der südafrikanischen Platinmine Marikana sind die ersten festgenommenen Minenarbeiter wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Ein Gericht in Pretoria ließ am Montag 162 von 270 inhaftierten Bergarbeitern frei, gegen die zuvor Mordanklage erhoben war.

Freude über Freilassung: Ein Gericht im südafrikanischen Pretoria hat 162 von 270 inhaftierten Bergarbeitern auf freien Fuß gesetzt. (Foto: REUTERS)

Richter Esau Bodigelo entschied, zunächst 47 der inhaftierten Bergarbeiter aus dem Gefängnis zu entlassen. Später kamen dann weitere 115 Kumpel frei. Das Gericht bestätigte zugleich Angaben der Staatsanwaltschaft vom Vortag, wonach die Mordanklagen gegen die Inhaftierten vorerst zurückgezogen werden.

Die 270 Bergleute waren in der vergangenen Woche wegen Mordes angeklagt worden, nachdem 34 ihrer Kollegen bei einem blutigen Polizeieinsatz im Zuge eines Streiks Mitte August erschossen worden waren. Der Richter hatte die Anklage nicht begründet. Juristen gehen jedoch davon aus, dass er sich dabei auf ein Gesetz aus der Zeit der Apartheid berief, wonach bei einer Schießerei unter Beteiligung der Polizei alle Menschen angeklagt werden, die vor Ort festgenommen wurden.

Neue Gewalt an Goldmine

Angesichts der öffentlichen Empörung hatte die Staatsanwaltschaft am Sonntag die Aussetzung der Mordanklagen verkündet. Die inhaftierten Arbeiter werden jedoch nur auf freien Fuß gesetzt, wenn sie eine gültige Adresse vorweisen können. Für viele ist das unmöglich, da es sich bei ihnen oftmals um Wanderarbeiter handelt, die in Baracken bei den Minen hausen.

Informationen der BBC zufolge müssen sich die Kumpel zudem im kommenden Februar vor Gericht verantworten: wegen öffentlicher Gewalt und Abhalten einer illegalen Versammlung.

Bei neuen Auseinandersetzungen in einer Goldmine östlich von Johannesburg wurden am Montag nach Polizeiangaben vier Minenarbeiter verletzt. Etwa 200 nach einem Streik gefeuerte Arbeiter griffen demnach am Morgen mit Stöcken und Eisenstangen ehemalige Kollegen an. Vier Arbeiter seien ins Krankenhaus gebracht worden. Vier Personen wurden demnach wegen versuchten Mordes festgenommen.

Nach Angaben des Minenbetreibers Gold One hatten insgesamt 60 entlassene Arbeiter versucht, den Eingang zur Mine Modder East zu blockieren. Die Polizei sei mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Blockierer vorgegangen, am Nachmittag habe sich die Lage wieder beruhigt.

© Süddeutsche.de/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: