Erdbeben in L'Aquila:Mafia mischte beim Wiederaufbau mit

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Auch ein Jahr nach dem Erdbeben herrschen im italienischen L'Aquila schlimme Wohnzustände. Die Polizei hat nun aufgedeckt, dass die Camorra in illegale Machenschaften rund um den Wiederaufbau verstrickt sein soll.

Seit dem Erdbeben in der Abruzzen-Stadt L'Aquila vor mehr als einem Jahr hat sich in der Stadt wenig geändert: Noch immer liegt Schutt auf den Straßen, Häuser sind unbewohnbar, der Aufbau geht nicht voran. Bei einer Razzia ist es der italienischen Polizei nun gelungen, ein Netzwerk der Camorra aufzudecken, das in illegale Machenschaften rund um den Wiederaufbau der vom Erdbeben zerstörten Stadt verstrickt sein soll.

Ein Bild der Verwüstung: Eine Frau trägt ihr Kind am Morgen nach dem Erdbeben im April 2009. Auch ein Jahr später sind viele der Häuser noch nicht wieder aufgebaut, die Menschen leben in Provisorien. (Foto: ag.rtr)

An diesem Donnerstag seien sechs Verdächtige festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Außerdem seien Besitztümer im Wert von insgesamt 100 Millionen Euro beschlagnahmt worden, darunter 21 Firmen und 118 Gebäude.

Die Verdächtigen sollen Gelder an eigens in L'Aquila gegründete Unternehmen transferiert haben, damit diese an lukrative Aufträge im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau kommen.

Bankangestellte als Hehler

Die Polizei kam den sechs Festgenommenen unter anderem durch abgehörte Telefonate auf die Spur. Die Verdächtigen gehören dem Casalesi-Clan aus Caserta bei Neapel an, der zu den gefürchtetsten Clans der neapolitanischen Mafia gehört. Der Clan übt seinen Einfluss auch in Latium aus, der Region um die Hauptstadt Rom, sowie in den Abruzzen, wo L'Aquila liegt, und in der Toskana.

Auch vier Bankangestellte sollen den Angaben zufolge in die Machenschaften verstrickt sein. Drei von ihnen wird Hehlerei vorgeworfen, dem anderen Zusammenarbeit mit einer mafiösen Vereinigung. Sie sollen gegen Richtlinien verstoßen haben, die Geldwäsche verhindern sollen. Außerdem sind Bankangestellte verpflichtet, verdächtige Geldtransfers zu melden.

Bei dem Erdbeben der Stärke 6,3 kamen am 6. April vergangenen Jahres 308 Menschen ums Leben. 120.000 Menschen verloren ihr Dach über dem Kopf. Die historische Altstadt von L'Aquila wurde fast vollständig zerstört. Viele der Betroffenen leben noch immer in provisorischen Unterkünften und warten auf den Wiederaufbau ihrer Stadt - eine Demonstration vor zwei Wochen änderte nichts an der Lage.

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