Camorra-Vermögen:100 Millionen Euro der Mafia beschlagnahmt

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Razzien gegen das Verbrechen: Die italienischen Behörden gehen nach der Festnahme des wohl brutalsten Gangsters Italiens massiv gegen die Camorra vor - und haben bei koordinierten Aktionen ganze Bauwerke und zehn Bankkonten beschlagnahmt.

Im Rahmen ihrer Ermittlungen gegen die Camorra hat die italienische Polizei nach eigenen Angaben Vermögen der neapolitanischen Mafia in Höhe von 100 Millionen Euro eingezogen.

Freude bei der Festnahme vor einer Woche: Michele Zagaria wird von Polizisten abgeführt. Nun werden auch einige finanzielle Kanäle seiner Verbrecherorganisation trocken gelegt. (Foto: AP)

Bei gemeinsamen Razzien in Neapel und Norditalien seien eine Reihe von Firmen vor allem im Baugewerbe, Grundstücke, Autos, eine Diskothek in der Nähe von Rimini sowie bis zu zehn Bankkonten beschlagnahmt worden, teilte sie am Montag mit.

In der vergangenen Woche war den Ermittlern ein bedeutender Schlag gegen den Clan der Casalesi, der brutalsten und mächtigsten Bande innerhalb der Camorra, gelungen: Nach 16 Jahren auf der Flucht schnappten sie am Mittwoch in einem Bunker in Casapesenna bei Neapel Clan-Boss Michele Zagaria. 57 weitere Verdächtige wurden festgenommen.

Der Casalesi-Clan wurde durch den Enthüllungsroman "Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra" von Roberto Saviano bekannt, der auch verfilmt wurde. Saviano sagte, Zagaria sei nicht nur "ein Boss, sondern der Boss". "Er beherrschte die gesamte Wirtschaftskriminalität, und nicht nur in meiner Region", sagte der neapolitanische Autor, der seit Erscheinen seines Buchs unter Polizeischutz steht. Nach der Festnahme sprach er von einem "schönen Tag", genau so wie Regierungschef Mario Monti.

Festnahme am letzten bekannten Wohnort

Der 53-jährige Zagaria war einer der meistgesuchten und gefährlichsten Verbrecher Italiens und wurde in Abwesenheit bereits dreimal zu lebenslanger Haft verurteilt. Um den Mafia-Boss in seinem Geheimbunker zu fassen, mussten sich die Beamten durch eine dicke Decke aus Stahlbeton unter einem Wohnhaus in Casapesenna graben. "Ihr habt gewonnen. Der Staat hat gewonnen", soll Zagaria den Ermittlern laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA bei seiner Festnahme gesagt haben. Insgesamt waren 150 Beamte an dem Einsatz beteiligt.

Die Abgeordnete und Anti-Mafia-Expertin Laura Garavini wies bei der Festnahme des Bosses allerdings darauf hin, dass der Gesuchte ausgerechnet in der Hochburg der Casalesi und an seinem letzten bekannten Wohnort verhaftet wurde. Es müsse untersucht werden, welchen Schutz der Gangsterboss in den vergangenen Jahren möglicherweise genossen habe. Die Camorra hat empfindliche Schläge erlitten - doch an ihre Zerschlagung glauben will in Italien wohl kaum jemand glauben.

© sueddeutsche.de/AFP/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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