Urteil:Security-Mitarbeiter muss wegen Körperverletzung im Asyl-Heim ins Gefängnis

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Der Wachmann soll einen 16-jährigen Flüchtling in Geretsried geohrfeigt haben. Er stand unter Bewährung.

Von Barbara Briessmann, Geretsried

Von einer "Hetzjagd" auf den Angeklagten spricht die Zeugin, die von zwei Polizeibeamten in den Sitzungssaal 1 des Amtsgerichts Wolfratshausen geführt worden ist. Verhandelt wird gegen einen ehemaligen Security-Mann, der im vergangenen Jahr in einer Geretsrieder Asyl-Unterkunft einen minderjährigen Flüchtling geschlagen haben soll. Grund für die Tat soll gewesen sein, dass der 16-Jährige zu spät in die Halle gekommen sei und nicht habe putzen wollen. Richter Urs Wäckerlin hat den Security-Mitarbeiter wegen Körperverletzung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Denn der Mann stand unter Bewährung - wegen einer früheren Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung.

Drei Termine brauchte das Gericht dafür: In den vorangegangenen Sitzungen erschien die Zeugin trotz mehrmaliger Ladung nicht, schickte ärztliche Atteste. Sie leide an einer Krankheit, die sie erblinden lasse. Deswegen wurde die 28-Jährige von Polizisten des Unterstützungskommandos aus ihrem Wohnort nach Wolfratshausen und wieder zurück gebracht.

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Ein früherer Zeuge hatte dem Gericht berichtet, dass diese Sicherheitsfrau ihm von der Körperverletzung des Angeklagten erzählt habe. Davon wollte die Zeugin, die mit Sonnenbrille, Blindenstock und gleich zwei Blindenarmbinden im Zeugenstand Platz nimmt, aber nichts mehr wissen. Von Mai bis Dezember 2016 sei sie in verschiedenen Unterkünften im Landkreis tätig gewesen, auch in Geretsried. Dass der damalige Schichtleiter einen 16-Jährigen geohrfeigt haben soll, habe sie "nur vom Hörensagen" gewusst.

Die Bewohner hätten sich immer wieder über den Franken beschwert, auch die Kollegen. Das sei alles "aufgebauscht" worden. Außerdem habe der 16-jährige Flüchtling immer wieder provoziert. Anstatt um 22 Uhr im "Camp", wie sie es nennt, zu sein, sei er manchmal erst um vier Uhr in der Früh gekommen. Außerdem habe er nie putzen wollen, wozu die Bewohner verpflichtet seien. Das hatte das Opfer dem Gericht am ersten Verhandlungstag auch erzählt, und dass der Sicherheitsmann wütend gewesen sei, weil er eine Stunde zu spät in der Unterkunft angekommen war. Wegen der Watschn habe ihm das Ohr und die Wange wehgetan.

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Anzeigen habe er den Wachmann nicht wollen - aus Angst. Das geschah erst auf Zureden eines syrischen Security-Mannes, der laut seiner Zeugenaussage die Ohrfeige gesehen haben will. Allerdings konnte sich keiner der Zeugen erinnern, an welchem Tag genau es zu der Tat gekommen sein soll. Der 30-jährige Angeklagte hatte den Schlag ins Gesicht des Opfers immer wieder bestritten.

Der Staatsanwalt glaubte ihm nicht, er forderte acht Monate Gefängnis für den Mann, der jetzt als Möbelpacker arbeitet. Dessen Verhängnis: Er wurde erst 2014 wegen einer gefährlichen Körperverletzung zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt war. Die Frist lief zur Tatzeit noch. Sein Verteidiger verlangte wegen einiger Widersprüche in den Zeugenaussagen einen Freispruch, "im Zweifel für den Angeklagten". Richter Urs Wäckerlin schenkte den früheren Zeugen Glauben. Deswegen komme das Gericht um eine Haftstrafe nicht herum.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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