Schikanen und Ohrfeige?:Sicherheitsmitarbeiter soll Flüchtling geschlagen haben

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Kollegen belasten ihn, doch der Angeklagte bestreitet das vor Gericht.

Von  Benjamin Engel, Geretsried

Kollegen belasten den angeklagten 30-jährigen Sicherheitsdienstmitarbeiter schwer: Der Franke soll Flüchtlinge schikaniert und einen damals 16-Jährigen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Geretsried zwischen September und Anfang November 2016 geohrfeigt haben. Der angebliche Grund: Als Minderjähriger hätte der Jugendliche um 22 Uhr zurück in der Halle sein müssen, sei aber rund eine halbe Stunde zu spät gekommen. Außerdem soll er sich geweigert haben zu putzen, obwohl er dazu eingeteilt gewesen sei. Der Angeklagte, der die Ohrfeige entschieden bestreitet, muss sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Wolfratshausen verantworten.

Ganz genau will der Staatsanwalt wissen, wie der Angeklagte mit den Flüchtlingen umgegangen ist. Darauf antwortet einer von dessen Sicherheitsdienstkollegen, ein 32-jähriger Syrer: "Mal freundlich, mal unfreundlich." Der Angeklagte habe etwa gegen 6 Uhr früh mit dem Fuß gegen die Türen der Unterkunftscontainer getreten. Dann habe er geschrien: "Tiere müssen aufstehen."

An einem Abend im Vorjahr sei der Flüchtling zu spät in die Halle gekommen und habe nicht sauber machen wollen. Da habe der Angeklagte diesen geohrfeigt. Der Jugendliche sei, ohne zu reagieren, zum Schlafen weggegangen. Er selbst habe alles beobachten können, weil er allein vor dem nur etwa drei Meter entfernten Büro-Container der Sicherheitskräfte gestanden habe.

Während der Kollege erzählt, schüttelt der Angeklagte wiederholt den Kopf: "Ich habe ihn nicht geschlagen", sagt er. "Ich mag meinen Beruf." Vor rund zweieinhalb Jahren habe er im Landkreis als Sicherheitskraft eines Nürnberger Unternehmens zu arbeiten begonnen. Zunächst sei er in der Unterkunft in Lenggries tätig gewesen, dann nach Reichersbeuern, Geretsried und Bad Tölz gekommen.

Er habe zwölf bis 18 Stunden in einer Schicht gearbeitet. In Geretsried sei er als Schichtleiter für die ganze Unterkunft verantwortlich gewesen. Rund um die Uhr sei er in der Halle gewesen, habe dort sogar geschlafen. "Ich war immer ansprechbar. Ich hatte eine richtige Vorbildfunktion." Immer wieder sei er nachts geweckt worden, weil es zu vielen Schlägereien gekommen sei. An den 16-Jährigen könne er sich in erster Linie erinnern, weil er ihn bei dessen Verlegung von Wolfratshausen nach Geretsried begleitet habe. Der Jugendliche habe sich zuerst geweigert mitzukommen. Sonst habe er kaum mit ihm Kontakt gehabt. "Er mochte mich nie richtig."

Der Jugendliche wiederum berichtet von seiner Angst, den Sicherheitsdienstmitarbeiter bei der Polizei anzuzeigen. Der Angeklagte habe ihn an jenem Tag geschimpft, da er nicht früher zurück in die Unterkunft gekommen sei. "Ich habe Wasser in einer Tasse zum Trinken gehabt. Das hat er ausgeschüttet", sagt er. Schließlich habe der Security-Mann gefordert, dass er noch putzen solle, und ihn dann geschlagen. Sein linkes Ohr sei dadurch angeschwollen, und er habe ein paar Tage Schmerzen gehabt. Gestritten habe er mit dem Sicherheitsdienstmitarbeiter nie wirklich.

Als "provokantes, freches, kleines Kerlchen" schildert eine weitere Sicherheitskraft den jungen Flüchtling. Er habe sich nie etwas sagen lassen. Von der Ohrfeige hätten ihm nur andere Kollegen erzählt. Ebenso sagt eine weitere 23-jährige Sicherheitskraft, nur von Dritten davon erfahren zu haben. Eine Kollegin habe erzählt, dass der Angeklagte den Flüchtling geschlagen habe. Zudem habe die Mitarbeiterin behauptet, dass dieser sie aufgefordert habe, nichts weiterzuerzählen. Dass der Angeklagte das getan haben sollte, habe er nicht glauben können. Denn die Kollegin habe nicht gut gearbeitet. Deswegen habe dieser mit ihr Ärger gehabt, weil er als Schichtleiter für alle Fehler des Personals in der Unterkunft verantwortlich gemacht worden sei.

Trotz mehrmaliger, schriftlicher Aufforderung war die weibliche Sicherheitskraft nicht vor Gericht erschienen. Ihr droht nun ein Ordnungsgeld. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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